Wort des Bischofs

Stimmungsschwankungen

Das zweite Osterfest unter Corona-Bedingungen liegt vor uns. Kardinal Woelki meint: "Das ist der Trost, den wir Christen in den Ostergottesdiensten erfahren. Und deshalb ist es auch gut, dass wir sie unter Beachtung aller Schutzregeln in Präsenz feiern."

 (DR)

Viele Kinder haben auch in diesem Jahr wieder bunte Palmzweige gebastelt, die heute gesegnet werden. Denn wir erinnern uns heute an den bejubelten Einzug Jesu in Jerusalem. Die Menschen in Jerusalem damals, die wussten von all seinen Wundertaten und feierten Jesus bei seinem Einzug als ihren König. Kurze Zeit später jedoch – das genaue Gegenteil: Jesus wird verurteilt, sogar ans Kreuz geschlagen. Vorher fragt Pilatus das Volk nochmal, ob er wirklich sterben soll. Und die Menschenmenge schreit: "Ans Kreuz mit ihm!"

Ich habe mich immer gefragt, ob das wohl dieselben Menschen sind, die Jesus erst bejubeln und ihm dann den Tod wünschen. Diese schnelle Umkehr ins Gegenteil, dieses Hochjubeln und ruckzuck Verurteilen – das war auch in der aktuellen und heftigen Diskussion um unsere unabhängige Untersuchung zu finden. Zum Teil war es so hasserfüllt, dass einer sogar mahnte: "Bitte benehmt euch wie Christen und nicht wie Henker."

Um die Wahrheit, die irdische Wahrheit, darum muss gerungen werden. Ja! Und trotz teilweise gegensätzlicher Auffassungen möchte ich dazu auch mit möglichst vielen im Gespräch bleiben. Das ist mir weiterhin wichtig. Die himmlische Wahrheit dagegen, die wird uns geschenkt. Und die wird Ostern besonders deutlich. Dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Das ist der Trost, den wir Christen in den Ostergottesdiensten erfahren. Und deshalb ist es auch gut, dass wir sie unter Beachtung aller Schutzregeln in Präsenz feiern.

Ihr
Rainer Woelki
Erzbischof von Köln