Wort des Bischofs

Corona-Gedenktag

Am Sonntag wird der Coronatoten gedacht. Hinter der Statistik stehen von Gott und vielen anderen Menschen geliebte Menschen. Kardinal Woelki meint: "Das ist gelebte Gemeinschaft der Lebenden und der Toten. Geben wir dieser Gemeinschaft heute Raum in unserem Leben."

 (DR)

Für mich war es eines der bedrückendsten Schicksale, von dem ich erfahren habe. Ein Sohn steckt, ohne es zu wissen, seine Mutter mit Corona an. Beide erkranken schwer. Der Sohn überlebt. Die Mutter stirbt. Am heutigen Sonntag gedenken wir der bald 80.000 Toten, die in unserem Land durch die Corona Pandemie ihr Leben verloren haben. Wir gedenken, dass hinter der nackten Zahl der Statistik von Gott und vielen anderen Menschen geliebte Menschen stehen. Wir gedenken der Tränen von Angehörigen, die ihre Liebsten verloren haben und der Verzweiflung, ob denn das nie enden wird.

Wir gedenken der Vielen, die sich am Sterbebett voneinander nicht verabschieden konnten. Wir gedenken der Menschen, die bei Beerdigungen ohne die Gemeinschaft der Trauernden und ohne Umarmungen auskommen mussten. Wir, die Überlebenden, gedenken der Toten, damit uns die Kostbarkeit des Lebens erneut bewusst wird. Es werden Kerzen entzündet, Blumen niedergelegt, Glocken läuten, Gottesdienste werden gefeiert und Bäume gepflanzt. Dass dieses Gedenken ganz in der Nähe des größten unserer Feste – dem Osterfest – stattfindet, ist kein Widerspruch.

Gerade in diesen bedrückenden Zeiten mag die Osterhoffnung auf die Auferstehung der Toten Trost spenden. Wir hoffen ja, dass Abschied und Trennung nur vorläufig sind. Mehr noch: sie sind vordergründig. Denn – so sagte das einmal Papst Johannes XXIII. – unsere lieben Verstorbenen sind nicht abwesend, sondern nur unsichtbar – nur unsichtbar. Wenn wir ihrer gedenken, wenn wir für sie beten, dann ist das nicht nur eine Erinnerung. Das ist gelebte Gemeinschaft der Lebenden und der Toten. Geben wir dieser Gemeinschaft heute Raum in unserem Leben.

Ihr
Rainer Woelki
Erzbischof von Köln