Jesuitenpater über die Suche der Demokraten nach einem Trump-Gegner

"Es geht um die Richtung"

Wer wird der Kandidat der Demokraten bei der US-Präsidentschaftswahl 2020? In TV-Debatte messen sich die Bewerber derzeit. Wer Potenzial hat und welcher Kandidat religiöse Themen vertritt, erläutert Jesuitenpater Brüntrup.

TV-Debatte der Demokraten / © Brian Cahn (dpa)
TV-Debatte der Demokraten / © Brian Cahn ( dpa )

DOMRADIO.DE: Die Vorwahl beginnt im Februar, es gibt 25 Bewerbungen für die Kandidatur und am Mittwoch gab es in Miami die erste Fernsehdebatte von zehn der Kandidatinnen. In der Nacht zum Freitag wird es eine weitere Debatte mit den anderen geben. 25 Menschen, das sind viele. Was denken Sie, welche Namen wir uns merken sollen und mit welchen Personen wir uns intensiver befassen sollten?

Prof Dr. Godehard Brüntrup (Jesuitenpater): Ja, da muss man vorsichtig sein. Wenn man bei der letzten Wahl am Anfang gesagt hätte, Trump muss man sich unbedingt merken, hätte man sich lächerlich gemacht. Den hätte jeder als eine Randfigur betrachtet. Zum Schluss hat er natürlich bei den Republikanern gewonnen. Deshalb würde ich auch hier vorsichtig sein. Die großen Namen sind natürlich Elizabeth Warren, Joe Biden und Bernie Sanders. Das sind alles - wie ich immer sage - vom Alter her sehr gereifte Menschen. Sie gehören in gewisser Weise zum demokratischen Establishment. Vielleicht wird sich nachher jemand durchsetzen, mit dem jetzt keiner so wirklich gerechnet hat.

DOMRADIO.DE: In der letzten Fernsehdiskussionen war unter anderem Elizabeth Warren dabei, die linke Senatorin, die laut Umfragen im demokratischen Bewerberfeld auf Platz drei liegt. Sie steht unter anderem für eine soziale Wirtschaftspolitik. Ist sie kirchenkonform?

Brüntrup: Es gibt in Amerika keine christlichen Demokraten, die sich an der kirchlichen Soziallehre orientieren. Frau Warren steht für einen relativ starken linken Kurs, um sich von Trump abzusetzen. Aber auch Julián Castro oder der Bürgermeister von New York Bill de Blasio haben für amerikanische Verhältnisse sehr stark mit sehr linken Standpunkten für sich geworben. Dazu gehört zum Beispiel auch eine sehr liberale Abtreibungpolitik nach dem Motto "Mein Bauch gehört mir". Dafür stehen die Kandidaten alle. Von daher würde ich sagen: Sie sind aus katholischer Sicht, was die soziale Gerechtigkeit angeht, durchaus wählbar und akzeptabel. Aber in anderen Fragen wie etwa Abtreibung stehen sie weit außerhalb dessen, was von der katholische Lehre her für richtig gehalten wird.

DOMRADIO.DE: Wo unterscheiden sich denn jetzt zum Beispiel Ex-Vizepräsident Joe Biden und der Senator Bernie Sanders voneinander?

Brüntrup: Es gibt Unterschiede, was die Grundentscheidung darüber angeht, wie links die Demokratische Partei sein soll. Elizabeth Warren etwa will deutlich nach links gehen. Ihre Ideen sind linker als die von Obama und für amerikanische Verhältnisse geradezu revolutionär. Für das Konzept, die Wahl in der Mitte zu gewinnen, steht zum Beispiel Joe Biden. Und das ist eigentlich die Hauptfrage. Geht es eher in Richtung Clinton, der die Wahl in der Mitte gewonnen hat oder eher in Richtung Obama, der die Wahl links gewonnen hat.

DOMRADIO.DE: Wer von diesen Kandidaten schlägt denn in Ihren Augen am ehesten religiöse Töne an?

Brüntrup: Bisher ist das im Wahlkampf nicht vorgekommen. Religion war eigentlich kein Thema. Interessanterweise war auch Außenpolitik fast kein Thema. Es ging hauptsächlich um soziale Gerechtigkeit. Aber es ging auch sehr stark um einen gewissen linken Populismus, der sagt: Wir müssen die großen Firmen wie etwa Facebook und Google zerschlagen, weil die den ganzen Reichtum an sich reißen und die Mittelklasse und die noch darunter liegenden verarmen. Religiöse Themen haben bisher keine Rolle gespielt.

DOMRADIO.DE: Donald Trump hat sich die erste Runde dieses TV-Duells der demokratischen Präsidentschaftskandidaten angeguckt und hat aus dem Flieger herablassend getwittert, das sei langweilig gewesen. Stimmen Sie dem zu?

Brüntrup: Ja, das ganze Format ist natürlich so, dass jeder nur eine Minute hat und dann noch 30 Sekunden antworten kann. Da kommen natürlich so auswendig gelernte Phrasendreschereien ein bisschen despektierlich. Dazu kam noch, dass die Mikrofon-Anlage kaputt war, was peinlich war. Ständig musste technisch nachgebessert werden. Und im Vergleich zu Trump, der dann gleich zu persönlichen Angriffen und sogar zu persönlichen Beleidigungen übergeht, kann man sagen: Das ist vielleicht für das Fernsehpublikum unterhaltsamer. Aber in der Politik geht es eigentlich nicht um Unterhaltung. Es geht um Sachargumente und die waren schon durchaus zu hören.

DOMRADIO.DE: In der Nacht zu Freitag steht noch eine weitere Runde an. Was erwarten Sie da Spannendes?

Brüntrup: Ich glaube, dass da die Schlacht zwischen Biden und Sanders deutlicher wird. Da wird der eben erwähnte Richtungsstreit von Joe Biden und Berni Sanders ausgetragen. Da steht Biden mit der Vorstellung, dass eine Wahl immer in der Mitte gewonnen wird gegen Sanders, der eigentlich der Meinung ist, die Demokratische Partei muss sich deutlich nach links bewegen. Diese Kräfte kommen zum ersten Mal so deutlich hoch. Von daher kann man eigentlich mit einem spannenden Wahlkampf rechnen.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Prof. Dr. Godehard Brüntrup SJ (HfPH)
Prof. Dr. Godehard Brüntrup SJ / ( HfPH )
Quelle:
DR