BWV 81 - 4. Sonntag nach Epiphanie

Bachkantate am 01. Februar 2009

Die Kantate für den heutigen 4. Sonntag nach Epiphanie, nach Erscheinung des Herrn, hat Bach im Jahr 1724 komponiert. Überschrift: "Jesus schläft, was soll ich hoffen", BWV 81. Der unbekannte Textdichter schließt sich eng an das Evangelium an und hebt vor allem die Kontraste hervor zwischen dem schlafenden, also dem verborgenen - und dem offenbaren und aktiv handelnden Jesus.

 (DR)

Im Evangelium ist davon zu hören, dass die Jünger mit ihrem Boot in einen Sturm geraten und unterzugehen drohen. Jesus ist auch bei ihnen im Boot, aber anscheinend schläft er. Die Jünger bekommen Angst und wecken ihn. Erst dann wird er aktiv und gebietet dem Wind zu schweigen.

Dieser biblische Bericht wird auf die gegenwärtige Lage des Christen umgedeutet: Angesichts des Todes ist keine Hilfe von Jesus in Sicht.  

Diese Eingangsarie malt den schlafenden Jesus mit den charakteristischen Mitteln der damaligen Zeit: Streicher in der tiefen Lage, dazu Blockflöten, mehrfach pochende Orgelpunkte, tiefe Haltetöne in der Singstimme. Aber diese Arie ist nicht nur ein Schlaf-, sondern zugleich auch ein Klagegesang, wie die zahlreichen verminderten Intervalle erkennen lassen.

Auch der zweite Satz beginnt voller anklagender Fragen.

Der folgende dritte Satz vergleicht die Not des von den Gottlosen bedrängten Christen mit den Wellen des Meeressturmes, von dem das Evangelium des Tages berichtet. Deutlich hörbar ist das Sichauftürmen der Wellen und ihr Hinabschießen.
Der Mittelteil bringt auf die Worte "Ein Christ soll zwar wie Wellen stehn,/ Wenn Trübsalswinde um ihn gehen" dreimal eine plötzliche Beruhigung. Doch dann bricht der Sturm wieder los.

Der folgende 4. Satz ist ein Arioso, gestaltet wie eine zweistimmige Fuge. Und auch dieser Satz endet mit einer Frage. Im folgenden fünften Satz zeigt es sich: Jesus ist nur scheinbar fern und schlafend. In Wirklichkeit ist er hell wach und aktiv. Er spricht das Machtwort und gebietet den Wellen zu schweigen. Das folgende kurze Alt-Rezitativ kündet von der wiedergewonnenen Ruhe, die im Schlusschoral bekräftigt wird.

Bachs Komposition ist von bemerkenswerter Dramatik; sie steht den Dialogkompositionen zwischen der Seele und Jesus sehr nahe. Ein Chor wird nur für den Schlusschoral benötigt, möglicherweise hat Bach diesen Choral aber auch durch vier Solisten singen lassen.

BWV 81: "Jesus schläft, was soll ich hoffen".
Tölzer Knabenchor, Concentus musicus Wien, Leitung: Nikolaus Harnoncourt.


Quelle: Alfred Dürr: Die Kantaten von Johann Sebastian Bach. Bärenreiter 1995.