BWV 4: Ostersonntag

Bachkantate am 04. April 2010

Johann Sebastian Bach war protestantischer Kirchenmusiker. Und insbesondere am Osterfest wird die besonders deutlich. Denn traditionell tritt in der evangelischen Kirchenmusik das zentrale Fest der Christenheit häufig an Bedeutung hinter dem Karfreitag zurück. So besitzen wir jede Menge Passionskompositionen, jedoch nur recht wenige hervorragende Ostermusiken.

 (DR)

Auch in Bachs Schaffen ist ein solches Missverhältnis zu beobachten. Die Passionen haben, so scheint es, seine Arbeitskraft so stark in Anspruch genommen, dass wir aus Bachs Leipziger Jahren keine originale Ostersonntagsmusik mehr besitzen. Als ein frühes Werk ist uns die Kantate des heutigen Sonntags "Christ lag in Todes Banden" überliefert, BWV 4. Und diese Kantate ist nicht nur das früheste Osterwerk Bachs, sondern überhaupt eine seiner frühesten Kantaten. Vermutlich entstanden um 1707/1708.

Den Text bildet das Osterlied von Martin Luther von 1524, eine freie Nachdichtung der lateinischen Sequenz "Victimae paschali laudes" in Anlehnung an das alte Lied "Christ ist erstanden".

Alle Strophen des Lutherliedes sind von Bach in der zu seiner Zeit üblichen Textfassung beibehalten worden. Bach vertont dieses Lied nach der aus dem 17. Jahrhundert stammenden Technik der Choralvariation "per omnes versus", das bedeutet, dass die Choralmelodie durch alle 7 Liedstrophen hindurch erhalten bleibt und nur in verschiedenen Arten abgewandelt wird. Nachdem wir im 1. Vers die Melodie in langen Notenwerten im Sopran hatten, ist zum Beispiel im dritten Vers die Melodie im Tenor.

Die bilderreiche Sprache Luthers knüpft vielfach an biblische Vorstellungen an, so zum Beispiel an den Vergleich Christi mit dem Osterlamm. Hiervon ist in der fünften Strophe die Rede, oder auch an die Aufforderung, den alten Sauerteig auszufegen, der Inhalt der siebten und letzten Strophe, die Bach in einem schlichten vierstimmigen Choralsatz vertont.

Vorbild für Bachs Kantate könnte Johann Pachelbels gleichnamige Osterkantate gewesen sein, die ebenfalls alle Strophen des Lutherliedes als Text verwendet und auffallende Parallelen zu Bachs Kantate aufweist. Insgesamt aber ist die Kantate ein Meisterwerk der barocken Textausdeutung und eines der großartigsten Werke der damaligen Zeit.

BWV 4: Christ lag in Todesbanden.
Wiener Sängerknaben, Concentus musicus Wien, Leitung: Nikolaus Harnoncourt.


Quelle/ Literatur: Alfred Dürr: Die Kantaten Johann Sebastian Bachs. Bärenreiter, 1995