BWV 30 - Vierter Advent

Bachkantate am 21. Dezember 2008

In der Advents- und Fastenzeit gab es zur Zeit Bachs in den Leipziger Kirchen keine komponierte Kirchenmusik, dem Charakter dieser Zeit entsprechend. Dass wir dennoch jetzt in diesen Wochen nicht auf eine Bachkantate verzichten müssen, liegt daran, dass Bach viele Kantaten komponiert hat, die entweder mehr oder weniger zeitlos sind, oder aber zwar für einen bestimmten Zeitpunkt bestimmt waren, aber aufgrund der Thematik auch gut in die Adventszeit passen. Dies ist zum Beispiel am heutigen Sonntag, bei der Kantate "Freue dich, erlöste Schar" der Fall. Bach hat sie zum 24. Juni 1738, zum Fest Johannes des Täufers komponiert und es ist eine der letzten Kirchenkantaten, die Bach geschrieben hat. Von der Thematik her passt diese Kantate somit sehr gut auch in die Adventszeit, denn Johannes der Täufer ist ja eine der zentralen Figuren in diesen Wochen vor Weihnachten.

 (DR)

Die Kantate selbst besteht aus zwei Teilen: Teil eins wurde vor der Predigt aufgeführt, Teil zwei danach. Und schon an der Länge merken wir, dass die Kantate für die Sommermonate komponiert wurde: Rund 40 Minuten dauert das Werk, in den kalten Wintermonaten fallen die Kantaten bei Bach wesentlich kürzer aus. Denn damals gab es in den Kirchen ja noch keine Heizung und da konnte die Musik noch so schön sein: Sehr schnell machte sich dann doch die Kälte bemerkbar. Nicht nur bei den Zuhörern, sondern auch bei den Musikern selbst. Und so werfen wir heute am 3. Adventssonntag auch den Blick nur auf den ersten Teil dieser Kantate.

Der Eingangssatz zeigt in seinem Aufbau Verwandtschaft mit einem Tanzsatz, genauer gesagt erinnert an ein Rondo.

Genauso froh und gelöst wie der Eingangschor wirken auch die Arien dieser Kantate. So stellt Satz 3, die Bassarie, mit seiner Anfangszeile eine unmittelbare Beziehung zum 1. Kapitel des Evangelisten Lukas her, feiert anschließend die Geburt des Täufers und spielt mit seiner Schlusszeile "dass er den Weg dem Herrn bereit" auf die Geburt Jesu von Nazareth an.

Auch die beiden Rezitative,  die diese Arie umrahmen, feiern die Ankunft des Täufers als den Beginn des Heilsgeschehens. So heißt es im vierten Satz: "Er ruft, drum säumet nicht, eilt dieser Stimme nach! Sie zeigt den Weg, sie zeigt das Licht, wodurch wir jene selge Auen dereinst gewisslich können schauen".

Mit einer Gnadenverkündigung an die Sünder und der 3. Strophe des Liedes "Tröstet, tröstet meine Liebesten", das Johann Olearius 1671 komponiert hat, endet dieser 1. Teil der Kantate. Im zweiten Teil wird nun, ganz im Stil der damaligen Zeit, das Berichtete auf den Einzelchristen der versammelten Gemeinde übertragen: Gottes Gnade erweckt als Antwort den Entschluss, von allem, was Gott zuwider ist, abzulassen und die Hoffnung, von der irdischen Unvollkommenheit bald befreit zu sein und im himmlischen Jerusalem ewige Freude zu genießen.

BWV 30: "Freue dich, erlöste Schar".
Wiener Sängerknaben, Concentus musicus Wien, Leitung: Nikolaus Harnoncourt.
Quelle/ Literatur: Alfred Dürr: Die Kantaten Johann Sebastian Bachs. Bärenreiter, 1995