21. So. n. Trinitatis

BWV 38

Das Lied, das Johann Sebastian Bach am heutigen Sonntag zur Grundlage seiner Kantate macht, verbinden wir heute vor allem mit der Fastenzeit: Das Lied von Martin Luther, die Nachdichtung des 130. Psalms: "Aus tiefer Not schrei ich zu Dir".
In Leipzig war dieses Lied schon immer eng mit dem heutigen 21. Sonntag nach Trinitatis verbunden, da es die Hauptgedanken des Sonntagsevangeliums widerspiegelt: Jesus heilt den Sohn eines königlichen Beamten, weil dieser Beamte ihn aus "tiefer Not", aber auch aus festem Glauben heraus anfleht.

 (DR)

Den Eingangssatz der Kantate vertont Bach in der traditionsgebundenen Form der motettischen Choralbearbeitung. Alle Instrumente gehen unisono mit den Singstimmen, nur der Continuo macht sich zeitweise selbständig. Auch wird jede Liedzeile auf die gleiche Weise vorgetragen: Nach Art der Fuge beginnen die drei Unterstimmen und bereiten das Thema vor, das dann schließlich in langen Notenwerten im Sopran erklingt.



Auf den zweiten Satz, ein eindringlich deklamierendes Rezitativ, folgt die Tenor-Arie, instrumentiert mit zwei weithin parallelgeführten Oboen. Der beschwingte Rhythmus beherrscht den ganzen Satz und gibt ihm einen freudig-belebten Charakter, der auf das "Trostwort" weist, von dem der Text redet.



Der vierte Satz entfernt sich am weitesten von dem Luther-Lied "Aus tiefer Not, schrei ich zu Dir" und bezieht sich dafür  umso mehr direkt auf das Evangelium.

Jesus ist derjenige, der dieses Trostwort spricht und durch dieses Wort des Sohn des königlichen Beamten heilt. An Stelle einer zweiten Arie folgt jetzt ein continuobegleitetes Terzett. Formal ist es zweiteilig: Beide Teile stehen einander in einem relativen Kontrast gegenüber, der textlich durch die Worte "Trübsal" und "Trost" charakterisiert ist.



Ein schlichter Choralsatz, die fünfte Strophe des Lutherliedes "Aus tiefer Not" beendet diese Choralkantate.



BWV 38: "Aus tiefer Not, schrei ich zu Dir".

Wiener Sängerknaben, Concentus musicus Wien,

Leitung: Nikolaus Harnoncourt.





Quelle/ Literatur: Alfred Dürr: Die Kantaten Johann Sebastian Bachs. Bärenreiter, 1995