14. September nach Trinitatis

BWV 25: "Es ist nichts Gesundes an meinem Leibe“

„Es ist nichts Gesundes an meinem Leibe“: So der Titel der Kantate, die Johann Sebastian Bach für den heutigen Sonntag komponiert hat. Uraufführung war das Jahr 1723, also Bachs erstes Jahr als Kantor in Leipzig. Der Text, der sehr drastische Vergleiche zieht und damit sehr gut das Lebensgefühl der Barockzeit widerspiegelt, ist heute erstmal schwer verständlich, wobei sich die Auseinandersetzung mit dem Text durchaus lohnt.

 (DR)

Er knüpft an das Sonntagsevangelium an, das von den Heilung der 10 Aussätzigen berichtet. Dieser Bericht wird jetzt auf die Situation der gesamten Menschheit angewendet: Seit Adams Sündenfall ist die ganze Welt „nur ein Hospital“, wie es im Text heißt, da die Sünde den Menschen krank gemacht hat. Dieser Gedanke wird eingangs mit den Worten des Psalms 38 ausgedrückt.

 

Die Melodie dieses Eingangssatzes ist uns bis heute gut im Ohr: Denn es ist die Melodie des berühmten Chorals „Herzlich tut mich verlangen“.

In den folgenden zwei Sätzen wird dieser Gedanke der krankmachenden Sünde jetzt weiter ausgeführt. Zunächst im Rezitativ, dann in der ersten Arie. Das Anfangsmotiv der Arie wird immer wieder wiederholt in leichter Abwandlung: Damit soll die Ratlosigkeit, von der der Text redet, musikalisch hörbar gemacht werden.

 

Auch das zweite Rezitativ ist ganz schlicht gehalten. Die „Salb aus Gilead“, von der im Text die Rede ist, weist auf den Propheten  bzw. das alttestamentliche Buch Jeremia. Da ist zu lesen, dass Gilead, das Kernstück des Ostjordanlandes, reich an Balsam war.

Der Schluss des dritten Satzes lenkt dann den Blick auf Jesus. Er allein kann die Seele heilen und wird darum im vierten Satz um die Reinigung vom Sündenaussatz gebeten.

 

Der dichterisch am besten gelungene Satz ist wohl die letzte Arie mit der Bitte um Erhörung und mit dem Ausdruck der Hoffnung, einst im Chor der Engel ein besseres Danklied singen zu können. Die tänzerische, menuetthafte Melodik des Satzes eröffnet nach aller quälenden Ratlosigkeit, von der der Text gesprochen hatte, eine  neue Perspektive: Die Musik klingt zart, liedhaft, ätherisch. Man wird an barocke Darstellungen musizierender Engel erinnert – nicht zuletzt natürlich durch deren Erwähnung im Text.

 

Die letzte Strophe  des Liedes „Treuer Gott, ich muss dir klagen“ von Johann Heermann greift denselben Gedanken auf und macht ihn zum Anliegen der versammelten Gemeinde: Es geht um Ruhm und Dankbarkeit für Gott hier und in der Ewigkeit. Und so klingt die Komposition  nach dem grüblerischen Beginn des Werkes ganz versöhnlich aus.

 

BWV 25:  „Es ist nichts Gesundes an meinem Leibe“.
Wiener Sängerknaben, Concentus musicus Wien,
Leitung: Nikolaus Harnoncourt.

 

Quelle: Alfred Dürr: Die Kantaten von Johann Sebastian Bach. Bärenreiter 1995.