11. Sonntag nach Trinitatis BWV 179

Bachkantate am 03. August 2008

Nach der kirchlichen Leseordnung war zur Zeit Johann Sebastian Bachs am heutigen 11. Sonntag nach Trinitatis das Gleichnis vom Pharisäer und vom Zöllner zu hören. Beide, so berichtet es der Evangelist Lukas, gehen zum Tempel um zu beten. Doch im Gegensatz zum Pharisäer, der Gott im Gebet dafür dankt, dass er ein so toller Mensch ist, bittet der Zöllner Gott um Vergebung für seine Sünden.

 (DR)

Jesus, der dieses Gleichnis erzählt, zieht das Fazit: "Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden."

Der Textdichter der Kantate, die Johann Sebastian Bach für den heutigen Sonntag komponiert hat, knüpft ganz eng an dieses Evangelium an. Überschrift: "Siehe zu, dass deine Gottesfurcht nicht Heuchelei sei".

Als Eingangssatz wählt Bach die Form der motettischen Fuge: Die Instrumente gehen mit den Singstimmen, nur der Continuo ist teilweise selbständig. Der Text selbst lehnt sich an Jesus Sirach an.

Ein kurzes Rezitativ führt zur ersten Arie der Kantate. Auffällig hier voll allem die rhythmisch stark differenzierte instrumentale Oberstimme. Die zahlreichen Synkopen sollen den Heuchler darstellen, der verblendet ist.

Auch das zweite Rezitativ, der vierte Satz, ist ganz einfach gestaltet. Lediglich die Schlussworte werden durch ariose Ausgestaltung hervorgehoben.

Der ausdrucksstärkste Satz ist jedoch die zweite Arie. Zwei Oboen entwickeln eine eindringliche, von flehender Gestik gezeichnete Thematik. Weite Intervalle, Sexten und Septimen, kennzeichnen die Melodie:

Der Schlusschoral auf die Melodie "Wer nur den lieben Gott lässt walten" ist zwar als schlichter Chorsatz komponiert, und dennoch stark rhythmisch differenziert. Dadurch soll noch einmal die Bitte um Erbarmen nachdrücklich hervorgehoben werden.

Die Kantate entstammt Bachs ersten Amtsjahr in Leipzig: Am 8. August 1723 hat sie der Thomaskantor zum ersten Maul aufgeführt.

BWV 179: "Siehe zu, dass deine Gottesfrucht nicht Heuchelei sei".
Tölzer Knabenchor, Concentus musicus Wien, Leitung: Nikolaus Harnoncourt.

Quelle/ Literatur: Alfred Dürr: Die Kantaten Johann Sebastian Bachs. Bärenreiter, 1995