Die Tropfsteinhöhle von Han-sur-Lesse in den belgischen Ardennen

"Diese Steine sind die Bibel unserer Zeit"

Eine unterirdische Kathedrale mit gigantischen Tropfsteinsäulen, ein Kuppelsaal, Galerien mit glitzernden Kristallen. Domradio.de ist in den belgischen Ardennen unterwegs und besucht die magische Tropfsteinhöhle und den Unesco Global Geopark in Han-sur-Lesse.

'Madonna' von Han-sur-Lesse / © Johannes Schröer (DR)
'Madonna' von Han-sur-Lesse / © Johannes Schröer ( DR )

"Diese Steine geben viel Energie, viel Ruhe. Sie strahlen eine geistliche Atmosphäre aus", schwärmt Isabelle Köchli, die uns durch die Tropfsteinhöhle in Han Sur Lesse führt. "Diese Steine sind die Bibel, unsere Bibel, die Bibel unserer Zeit". Die Zeit, die hier in Jahrmillionen gezählt wird, hat hier ihre wunderbaren Spuren hinterlassen. Es ist kaum zu glauben, welche Schönheit die Natur im Lauf der Ewigkeiten hervorgebracht hat. Die schlanken Tropfsteinsäulen, die hier gewachsen sind, ähneln den fein verzierten Pfeilern einer gotischen Kathedrale, in der an der Decke Kristalle und Sinterfahnen hängen. Dort meint man die übergroße Tiara eines Papstes zu erkennen – oder ist das ein Baumkuchen? Und dann die Mutter Gottes, eine Madonna, die den Kopf senkt und betet. Gottes Schöpfung hat sie ohne Zutun der Menschen hervorgebracht.

Zwischen Stalagmiten und Stalaktiten

Kein Smartphone klingelt hier, kein Flugzeug ist zu hören – in der Höhle ist es still, der Alltag wird ganz klein und die Besucher verweilen andächtig in den Gängen und Galerien. Mit einfachen, gut verständlichen Worten erklärt uns Isabelle Köchli die Unterschiede zwischen Stalagmiten, Stalaktiten und Stalaknaten. Letztere entstehen dann, wenn Stalaktiten von oben und Stalagmiten von unten in der Mitte zusammenwachsen. Wir sind mit Familien unterwegs. Die Kinder haben Taschenlampen bekommen, so können sie in den Felsnischen Kristalle entdecken. Dazu erzählt uns Isabelle Köchli von uralten Schmuckstücken, die hier gefunden wurden. Kostbare Ketten, Münzen und Waffen, die unsere Urahnen hier vor vielen tausend Jahren abgelegt haben, um die Götter an diesem magischen Ort gnädig zu stimmen. Man habe herausgefunden, dass diese schmuckvollen Opfergaben aus ganz Europa stammten, erklärt uns Frau Köchli.

Wölfe, Braunbären, Hirsche und Wildpferde

Der Ausflug nach Han-sur-Lesse, gut zwei Auto-Stunden von der deutsch-belgischen Grenze in Aachen entfernt, ist besonders für Familien ein spannendes Erlebnis. Nicht nur wegen der gigantischen Tropfsteinhöhle, sondern auch weil es dort einen Unesco Geopark gibt. In freier Wildbahn kann man hier Tiere aus ganz Europa sehen. Der Wildpark erzählt zudem von der Tierwelt des Kontinents in den vergangenen 9000 Jahren. Wildpferde und Hirsche, Wölfe und Eulen – und der mächtige Braunbär ist zu bestaunen. Ein Höhepunkt des Ausflugs ist dann die Übernachtung in einem Baumzelt. Abends wird gegrillt und am Lagerfeuer belgisches Bier oder Limo genossen. Nachts hört man die Wölfe heulen und am Morgen sind durch die geöffnete Zelttür die Rehe im Frühnebel zu sehen, ganz nah. Für die Kinder besonders attraktiv ist das Speleo-Kraxeln in einer dafür besonders tauglichen Höhle. In knallroten Ganzkörperanzügen durch Schlamm und schmale Höhlentunnel krabbeln – das ist ein Abenteuer, von dem alle noch lange schwärmen.


Tropfsteine wie gotische Säulen / © Johannes Schröer (DR)
Tropfsteine wie gotische Säulen / © Johannes Schröer ( DR )

Tropfsteinhöhle in Han-sur-Lesse / © Johannes Schröer (DR)
Tropfsteinhöhle in Han-sur-Lesse / © Johannes Schröer ( DR )

Höhlenausgang Han-sur-Lesse / © Johannes Schröer (DR)
Höhlenausgang Han-sur-Lesse / © Johannes Schröer ( DR )

Baumzelt im Geopark von Han-sur-Lesse / © Johannes Schröer (DR)
Baumzelt im Geopark von Han-sur-Lesse / © Johannes Schröer ( DR )
Quelle:
DR