Semana Santa

Passion auf Spanisch

Verhüllte Gestalten, prunkvoll geschmückte Podeste, tägliche Prozessionen – die Heilige Woche in Spanien, die Semana Santa, ist intensiv und üppig.

Semana Santa in Andalusien / © Verena Tröster
Semana Santa in Andalusien / © Verena Tröster

Nur ab und an zerreißen klagende Laute das gespannte Schweigen von Tausenden Menschen. Regungslos warten sie am Straßenrand, dicht gedrängt. Plötzlich sind dumpfe Trommelschläge zu hören. Bewegung kommt in die Menge, gespannt richten sich die Blicke auf einen Punkt am Ende der winkligen Gasse. Ein prunkvoller Altar aus Gold und Purpur bewegt sich wie von Geisterhand getragen über den Köpfen der Wartenden, über und über mit Kerzen und Blumen geschmückt. Eine überlebensgroße Christusfigur mit einem Kreuz über der Schulter und mit vor Schmerz verzerrten Zügen flackert im Fackellicht auf.

Hinter dem Altar – dem "Paso" – folgen vermummte Gestalten in weinroten Gewändern und spitzen Kapuzenhüten. Um die nackten Knöchel haben einige der "Nazarenos" schwere Eisenketten geschlungen, die klirrend über den Boden schleifen. Sie tragen Kerzen, von denen in diesen Tagen zentnerweise das Wachs auf die Straßen der Stadt tropft.

Die "Semana Santa" ist die Feier schlechthin in Andalusien

Eine der zahllosen Prozessionen der "Semana Santa", der Heiligen Woche, bahnt sich ihren Weg durch Sevilla, die spanische Hochburg der alljährlichen Bußprozessionen zwischen Palmsonntag und Ostersamstag. Die "Semana Santa" ist die Feier schlechthin in Andalusien. In Cordoba, Granada, Malaga oder Ronda - überall bietet sich in diesen Tagen das gleiche schaurig-schöne Schauspiel, das längst zu einem Magneten auch für Touristen geworden ist. Wenn das Drama der Passion Jesu Christi in Szene gesetzt wird, scheint die Frömmigkeit eine ihrer stärksten und theatralischsten Ausdrucksformen zu erlangen.

Fast 500 Jahre alte Tradition

Die Tradition der Semana Santa ist fast ein halbes Jahrtausend alt. Bereits 1531 gründete sich in Sevilla eine erste "Cofradia". Diese Bruderschaften tragen bis heute eigene Farben, Embleme und Kostüme. Die Bußprozessionen, die einer jahrhundertealten Ordnung unterliegen, waren ein Reflex der katholischen Kirche auf vermeintliche Irrlehren.

In der Folge des Konzils von Trient wurde Spanien Mitte des 16. Jahrhunderts zu einer Bastion der Gegenreformation. In dieser Umbruchphase suchte die katholische Kirche nach neuen Wegen, das Wort Gottes auch unter den Analphabeten zu verkünden. Die Predigt durch Bilder, durch theatralisches Spiel schien eine angemessene Methode zu sein, die Massen zu belehren. Die besten Holzschnitzer wurden gewonnen, die Passionsgeschichte in Szene zu setzen.

Die Rolle der Bruderschaften

Bald war der Andrang frommer Schaulustiger so groß, dass die Straßen und nicht mehr nur der Kirchenraum zum Schauplatz für das Spektakel herhalten mussten. Der Brauch, als Büßer eine spitze Mütze, die "Capirote", zu tragen, die bis auf zwei Augenschlitze das Gesicht verhüllt, reicht zurück bis ins 14. Jahrhundert. Das päpstliche Verbot, sich öffentlich zu kasteien, sollte durch die Vermummung umgangen werden.

Eine tragende Rolle bei den Bußprozessionen spielen die "Costaleros". Diese Mitglieder von Bruderschaften, von denen es allein in Sevilla mehr als 50 gibt, schultern die Altäre, die bis zu zwei Tonnen wiegen. Oft sind die Träger unter den Samtvorhängen nicht zu sehen und können nur durch Klopfzeichen zum Anhalten oder Weitergehen veranlasst werden. Im Rhythmus elegischer Trauermärsche wiegen die zentnerschweren Altäre hin und her.

Höhepunkt der Umzüge in Sevilla, die bis tief in die Nacht dauern, ist die "Macarena", die Mutter Gottes der andalusischen Hauptstadt. In Weihrauchwolken eingehüllt unter einem prachtvollen Baldachin, wird die geheimnisvoll Lächelnde durch die Stadt getragen, von Stoßgebeten, den "Saeta", der Zuschauer begleitet. Wenn sich hinter ihr nach kilometerlanger Prozession die Kirchentore wieder schließen, beginnt der feucht-fröhliche Teil der Semana Santa. Auf den Straßen wird bis Sonnenaufgang getanzt, getrunken und ausgelassen gefeiert. (Katharina Klöcker / KNA)