Fastenimpuls von Schwester Katharina

"Einer trage des anderen Last"

Schwester Katharina hat heute eine Gruppe junger Frauen zu Besuch. Zusammen schauen sie einen alten DDR-Film, in dem sich ein evangelischer Vikar und ein Offizier der Volkspolizei ein Krankenzimmer teilen – und nach dem vorprogrammierten Konflikt die Gemeinsamkeit suchen. 

Sr. Katharina Hartleib OSF vor dem Kölner Dom / © Mathias Peter (DR)
Sr. Katharina Hartleib OSF vor dem Kölner Dom / © Mathias Peter ( DR )

Heute Abend werden wir mit einer Gruppe junger Frauen einen Film schauen: "Einer trage des anderen Last". Dieser ist 1987 von der DEFA in der DDR gedreht worden und hat eine sehr spannende Thematik. Er handelt in den 50er Jahren in der frühen DDR in einem privaten Sanatorium.

Ein sehr überzeugter, junger Volks-Polizeioffizier und ein evangelischer Vikar leiden beide an Lungentuberkulose und müssen sich im Sanatorium ein Zimmer teilen. Und da der eine ein Stalinbild übers Bett hängt und der andere ein Jesusbild, der eine beim Rasieren "Ein feste Burg ist unser Gott" und der andere "Die Internationale" schmettert, ist der Konflikt und das kommende Drama vorprogrammiert. Sie verlangen beim Chefarzt jeweils ein Einzelzimmer. Aber dieser alte Herr hat eine klare Meinung: Wenn das mit diesem neuen Staat etwas werden soll, müssen sie lernen miteinander zu leben.

Und das tun sie dann auch und lernen sich und ihre verschiedenen Denk- und Glaubensrichtungen kennen. Und sie merken dann auch, dass sie in vielen Dingen des Lebens gar nicht so weit auseinander liegen. In ihrem Engagement für Menschen, wenn es um die Liebe zu einer todkranken jungen Frau geht, um Schmerz, Leid, Tod und Trauer, um Hoffnung und Sehnsucht. Und es geht um die Suche nach der Wahrheit – und wo man sie finden könnte.

In der Bibel? Oder im "Kapital" von Marx? Im eigenen Herzen oder in der Auseinandersetzung mit den Mitmenschen? Im Wendejahr 1989 wurde dieser Film in vielen Kinos der DDR gezeigt und hat eine Debatte verstärkt, die seit Jahren lief, die aber nie so offen und deutlich gezeigt worden war. Was hält unsere Gesellschaft eigentlich zusammen? Woraus lieben wir? Und was brauchen die Menschen, um mitmenschlich miteinander umzugehen? "Einer trage des anderen Last", der Titel des Films, ist eine der Grundforderungen des christlichen Lebens, für jede und jeden von uns – jeden Tag.


Quelle:
DR