Morgenimpuls von Schwester Katharina

"Begeistern, glauben und leben"

Schwester Katharina ist auf der Straße der Romantik unterwegs. Die Kirche St. Wiperti in Quedlinburg, die Jahrtausende erlebt hat, versetzt sie besonders in Staunen.   

Licht fällt in eine Kirche  (shutterstock)

Ich sitze in einer kleinen Krypta einer Kirche, die vor mehr als 1200 Jahren gebaut worden ist, und bekomme den Mund nicht mehr zu vor staunen. St. Wiperti in Quedlinburg ist eine der ältesten romanischen Kirchen in Mitteldeutschland – und genau diese Krypta bleibt in ihrer Wirkung über die Jahrhunderte gleich: ruhig, mystisch, auf das Heilige, das Göttliche hinweisend.

Dort wird Heinrich I. 919 zum ersten deutschen König gekrönt und das Kloster wird Königspfalz. Im Laufe der Jahrhunderte wird es aufgelöst, zerstört, neu gebaut, wird als Scheune und die Krypta als Milchkeller benutzt. Die Nazis haben die Kirche entweiht und als Ort für ihre Riten missbraucht. Und seit 1959 ist sie wieder Kirche. Ich bin wie immer, wenn ich auf der Straße der Romanik unterwegs bin, erstaunt und bewegt, wie die Menschen über Jahrtausende Grenzen hinweg in ihrer jeweiligen Zeit und ihrem Ort aus ihrem Glauben heraus Kirchen und Klöster gebaut und besiedelt, das Evangelium verkündigt, Seelsorge gemacht und Gott angebetet haben – und wie sie in den vielfältigen Wechselfällen der Geschichte trotzdem unbeirrt immer wieder neu angefangen haben.

Oft war der Glaube scheinbar ausgestorben und das kirchliche und klösterliche Leben matt und kraftlos geworden. Und dann brauchte es einige wenige kraftvolle Persönlichkeiten, die so begeistern, glauben und leben, dass wieder mehr und mehr Menschen es gewagt haben, ihr Leben ganz auf Gott zu setzen. Benedikt von Nursia, Bruno von Köln, Bernhard von Clairvaux sind nur einige von ihnen. Vielleicht ist auch heute unter uns die eine oder der andere, der in seiner Art zu leben, zu glauben und zu handeln wieder Menschen im Umfeld begeistert und hilft, wieder mehr nach Gott und dem Leben aus dem Glauben heraus zu fragen und es selbst auch zu wagen.

Und eine kleine architektonische Besonderheit gibt es hier noch obendrauf. Die Krypta von Sankt Wiperti ist so gebaut, dass um das Fest des heiligen Wigbert im August immer die Sonne genau auf die Mittelsäule und den Altar der Krypta fällt und alles zum Leuchten bringt.


Quelle:
DR