Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Raus aus den Routinen kommen und mir selbst und meinen Mitmenschen verzeihen

Beim Umsortieren der Stundenbücher denkt Schwester Katharina an die jetzt beginnende Fastenzeit. Alte Routinen raus, etwas Neues beginnen.

Symbolbild Vergebung / © Rawpixel (shutterstock)

Vorgestern Abend nach der Vesper haben wir unsere Stundenbücher umsortiert, die normalen, also für die Gebetszeiten im Jahreskreis in den Schrank geräumt und die Bücher zur Fasten- und Osterzeit hervorgeholt. Und manche von uns hat im Stillen gedacht: Okay, Buße, Reue, Fasten, Lieder in Moll statt in Dur und kein Halleluja und so weiter. Und dann wurde es kompliziert. Die Hymnen separat, die Psalmen noch mal an anderer Stelle, die Lesungen und der Rest nochmal an einem anderen Ort im Buch. Für unsere brasilianische Mitschwester und unseren Laudesmitbeter war es noch komplizierter. Sie hatten sich jetzt seit Wochen an das alte Buch gewöhnt, die Bändchen und Einlageblätter lagen an der richtigen Stelle und sie konnten routiniert mitbeten und -singen. Ach, und jetzt wieder alles neu und anders. Und es braucht wieder Übung, bis man richtig drin ist.

Wie es uns mit dem neuen Buch für die Fastenzeit ergangen ist, ist es wahrscheinlich auch mit der Fastenzeit selber. Sie kommt einfach und ist jetzt da, ob es mir passt oder nicht. Und das allein ist schon eine gute Chance. Es ist nicht so verkehrt, mal aus den Routinen herauszukommen und etwas anders und neu zu machen. Und diese ersten Tage nach dem Aschermittwoch sind doch solche Tage. Viele von uns haben vielleicht schon eine Idee, was sie in dieser Zeit machen oder auch lassen wollen. Aber es ist noch neu und ungewohnt. Und weil auch diese Fastenzeit in die schon ein Jahr dauernde Corona-Pandemie fällt, ist vielleicht Fasten und Verzichten diesmal nicht der vorrangige Weg, da wir schon auf so vieles verzichten müssen.

Im Moment gefällt mir der Vorschlag von Bischof Bätzing aus Limburg sehr gut. Vielleicht ist in dieser Fastenzeit eher das Verzeihen das richtige Werk. Gegenüber Politikern und Entscheidungsträgern für viele Entscheidungen, die sich hinterher als nicht so richtig erwiesen haben, gegenüber den Arbeitskollegen, die beim Homeoffice nicht so leistungsfähig und in zu kleiner Wohnung unkonzentriert sind, gegenüber denen, die infiziert waren und viele im Umfeld deshalb in Quarantäne mussten und noch so vieles mehr. Und das Verzeihen muss auch mir gegenüber beginnen. Für Mutlosigkeit und Angst, für Gereiztheit und Nervosität, für schlechte Laune und mangelnder Ausgeglichenheit. Raus aus den Routinen kommen und mir selbst und meinen Mitmenschen verzeihen können. Das ist genug Arbeit für die kommende Zeit.


Quelle:
DR