Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Ich muss selbst entscheiden, ob ich die einen oder die anderen bin

In Zeiten der Pandemie sieht Schwester Katharina oft zwei unterschiedliche Seiten bei den Menschen. Sie erkennt, dass es nicht immer einfach ist, sich für eine der Seiten zu entscheiden, aber jeder kann und muss selbst herausfinden, zu welcher Gruppe man gehören möchte.

Symbolbild: Abstand halten in Corona-Zeiten / © RoMiEg (shutterstock)
Symbolbild: Abstand halten in Corona-Zeiten / © RoMiEg ( shutterstock )

Wir sind in der zweiten Woche des Lockdowns der Pandemie und viele Dinge sind weiterhin irgendwie komisch. Die einen feiern ihren geliebten Karneval, der ganze Regionen normalerweise elektrisiert, wirklich nicht und bleiben zu Hause. Die anderen protestieren gegen Corona-Maßnahmen, nennen sich Querdenker, stecken sich massenhaft an und beschäftigen die Polizei, gegen die dann wieder protestiert wird. Die einen verbieten in ihrem Land wie in Frankreich alle Gottesdienste und die anderen dürfen sie feiern, aber es kommen nur wenige Menschen. Die einen protestieren gegen Präsenzunterricht an den Schulen und die anderen protestieren gegen Homeschooling, weil beide Seiten Angst um ihre Kinder haben. Die einen begehen Trauer- und Gedenktage würdevoll und mit Abstand, die anderen protestieren dagegen, dass nicht das volle Programm gestaltet wird und unterstellen stattdessen böse Absichten dazu. Die einen tragen Masken, um sich und andere zu schützen, und andere denken gar nicht im Traum daran und fühlen sich in ihrer Freiheit eingeschränkt. Die einen sind traurig, dass die Martinszüge ausfallen. Die anderen stellen sich mit Trompeten ans Fenster und erfreuen einen ganzen Stadtteil mit Martinsliedern. Die einen beklagen, dass es an Weihnachten wohl schrecklich einsam werden wird. Die anderen denken seit Wochen gemeinsam darüber nach, was sie denn machen können, damit das nicht passiert. Die einen sagen, "die da oben müssen endlich mal das und das und das machen" und die anderen sagen, "ich hab da eine gute Idee und fange jetzt damit an". Die einen beklagen, dass die Weihnachtsmärkte abgesagt worden sind. Die anderen sägen große Krippenfiguren aus, damit das Geschehen der allerersten Weihnacht in der Stadt wieder sichtbar wird. Die einen legen die Hände in den Schoß, weil man ja sowieso nichts machen kann. Und die anderen tun Tag für Tag, was sie können und vertrauen dabei auf Gott. Ich kann und muss immer selbst entscheiden, ob ich die einen oder die anderen bin. Mal so und wahrscheinlich auch mal so.


Schwester Katharina / © Alexander Foxius (DR)
Schwester Katharina / © Alexander Foxius ( DR )
Quelle:
DR