Morgenimpuls von Schwester Katharina

Gemeinsam auf dem Weg des Glaubens wachsen!

Bis zur Selbstständigkeit muss jeder Mensch einige Übungen durchlaufen. Das bezieht sich auf den Schulweg genauso wie auf den eigenen, erwachsenen Glauben zu Gott.

Symbolbild: Der Weg zum Licht / © Zlata_Titmouse (shutterstock)
Symbolbild: Der Weg zum Licht / © Zlata_Titmouse ( shutterstock )

Justus geht jetzt in die zweite Klasse. Er ist ein begeistertes Schulkind und hat am liebsten Sport. Aber morgens ist es immer schon schwierig gewesen. Aufstehen, waschen, anziehen. Nein, auf keinen Fall frühstücken und dann pünktlich runter vors Haus, wo ich mit dem Auto stehe und ihn und seine Mama zur Schule fahre. Der Weg ist zum Laufen wirklich noch zu weit und von einigen großen Kreiseln und Kreuzungen durchschnitten. Ich halte dann in der Nähe der Schule an, Mama und Justus steigen aus. Mama bringt ihn bis zum Schulhof und kommt zurück.

Vor ein paar Tagen hab ich dann vorgeschlagen, dass doch die Mama nicht mehr mitkommen muss, um ihn die knapp 100 Meter zur Schule zu bringen. Tatsächlich, ich hätte es nicht geglaubt. Schon am anderen Morgen ist sie nicht mehr mitgekommen. Justus ist tapfer aus dem Auto ausgestiegen, hat den Schulrucksack aufgesetzt und ist zur Schule gegangen. Gefühlt 50 Mal hat er sich umgedreht und gewunken, so lange, bis er auf dem Schulhof angekommen ist. Am nächsten Tag hat er nicht mal mehr gewunken. Wie befreit ist er gelaufen und brauchte meine winkende Sicherheit nicht mehr.

Diese kleine Übung ist eine von Tausenden, die jeder kleine Mensch in seinen Jahren bis zur Selbstständigkeit gehen muss. Warum tun sich aber so viele Menschen mit dem selbstständig werden im Glauben so schwer? Ganz oft erlebe ich, wie Menschen immer noch an ihrem im Religionsunterricht gelernten Kinderglauben festhängen. Sie merken zwar, dass das Kindergebet und kindlich übermittelte Glaubenssätze nicht mehr so ganz passen, aber sie setzen sich nicht damit auseinander, um zu einem neuen erwachsenen Glauben zu kommen.

Die Realitäten des Lebens mit dem Glauben an Gott in Einklang zu bringen, geht nicht so von jetzt auf gleich. Es braucht die jahrelange Einübung, das Ausprobieren und Abchecken, ob der Glaube im Alltag trägt, ob dieser Gott tatsächlich in allen Dingen des Lebens zu finden ist. Ob die Geschichten aus der Bibel heute immer noch gelten und ob Glaube mehr ist als das Für-wahr-Halten von Vorschriften, Regeln und Gesetzen. Und es tut gut, wenn man dabei Helfende Mitglaubende hat, die sich auf dem gleichen suchenden und tastenden Weg befinden und wissen, dass es Übung braucht und mitgehen und Angst nehmen und winken, wenn der nächste Schritt auf dem Weg des Glaubens an Gott geschafft ist.


Quelle:
DR