Morgenimpuls von Schwester Katharina

Wir gehören der grenzenlosen Liebe Gottes

Als sich beim Zusammenbruch des dänischen Spielers Christian Eriksen bei der Fußball-Europameisterschaft das Drama des Lebens abzeichnet, zeigt sich auch: Einander behüten und beschützen geht über allen Wettstreit hinaus.

Dänische Spieler bilden einen menschlichen Schutzkreis / © Stuart Franklin/Getty Pool/AP (dpa)
Dänische Spieler bilden einen menschlichen Schutzkreis / © Stuart Franklin/Getty Pool/AP ( dpa )

Am Freitag hat mit einem rasanten Spiel die Fußball-Europameisterschaft begonnen und für mich und viele Fußballfans hat die Vorfreude noch mal einen Schub bekommen und Lust auf mehr. Und es ist noch mal etwas ganz anderes, wieder fröhliche Fans im Stadion zu haben und bunte Kostüme und schöne Gesänge. Und am Samstag nach dem Nachmittagsspiel dann das zweite Spiel am frühen Abend mit Finnland, das zum ersten Mal dabei ist, und Dänemark.

Zum Ende der ersten Halbzeit dann das Unausdenkbare: Christian Eriksen bricht zusammen und bleibt reglos liegen. Das Drama des Lebens, das Schweben zwischen Himmel und Erde, das sich sonst meist im Krankenhaus, zu Hause oder in Pflegeeinrichtungen abspielt, ist plötzlich vor Zehntausenden Zuschauern im Stadion und Millionen am Fernseher zu verfolgen. Es gibt Unterstützungsgesänge der Fans, die erst verstummen, als sie merken: Oh, es ist ernst, todernst, im wahrsten Sinne des Wortes.

Die Erleichterung, die sich eine knappe Stunde später in Jubel Bahn bricht, als verkündet wird, dass Eriksen lebt, bei Bewusstsein ist und mit seinem Vater gesprochen hat, ist nahezu unglaublich. Viele Menschen haben plötzlich gespürt, wie zerbrechlich dieses Leben ist, wenn sogar ein durchtrainierter junger Mann es ganz schnell hätte verlieren können.

Viele Menschen haben aber auch gespürt, dass es sich falsch anfühlt, dass das Spiel nach zwei Stunden wieder angepfiffen worden ist, als sei nichts geschehen. Das Leben ist kein Spiel, das man einfach kurz unterbrechen und dann achselzuckend wieder aufnehmen kann. Das Leben ist real und einmalig und göttlich und geschenkt, um es real und einmalig und göttlich zu leben – und immer neu zu bedenken, was für eine kostbare Gabe es ist und von wem und wofür ich es geschenkt bekommen habe.

Der menschliche Schutzkreis, den Eriksens Mitspieler um ihn gebildet haben, um das Drama vor neugierigen Blicken zu bewahren, hat mich zu Tränen gerührt und klargemacht: Einander behüten und beschützen geht über allen Wettstreit hinaus.

Und dann im Abendspiel, das Tausende Kilometer entfernt beginnen konnte, weil die Spieler der beiden dortigen Mannschaften wussten, dass es Eriksen viel besser geht, hatte es noch eine wunderbare Szene. Als Romelu Lukaku von der belgischen Nationalmannschaft sein erstes Tor erzielt hat, rennt er zu einer Kamera und ruft hinein: "Chris, I love you!" ("Chris, ich liebe dich!"). Eine mehr als tröstliche, eine göttliche Zusage.

Wir sind geliebt, ob wir leben oder ob wir sterben. Wir gehören der grenzenlose Liebe Gottes. Und es täte, glaube ich, gut, wenn alle, die dieses Drama bewegt hat, Abstand nehmen – zur Ruhe und Bedenken vor Gott und vor dem Wunder und dem Geschenk des Lebens aus Gottes Hand.


Quelle:
DR