Morgenimpuls von Schwester Katharina

Die alte Botschaft neu sprechen

Das neue Altarbild in der Nachbarstadt von Olpe sorgt für große Aufregung. Für Schwester Katharina liegt in der neuen Darstellung der alten Botschaft auch eine Chance.

Das neue Altarbild in Kirche St. Clemens in Drolshagen sorgt für reichlich Gesprächsstoff. / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Das neue Altarbild in Kirche St. Clemens in Drolshagen sorgt für reichlich Gesprächsstoff. / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

In unserem Nachbarstädtchen hier ist die große Kirche über 10 Jahre lang grundrenoviert worden. Zunächst die alte kleine Kirche mit ihren wunderschönen Fresken und Malereien. Und danach die angebaute große Kirche. Neuer behindertengerechter Zugang, neuer Fußboden, neue Orgel, Beleuchtung - alles. Und ein neues Altarbild. Und seitdem ist es turbulent im Städtchen.

Tagesschau und WDR berichten, ein russischer TV-Sender reist an, Presse und Rundfunk wollen Bilder und Interviews. Plötzlich kommen viel mehr Leute in die Kirche, weil sie sich das ansehen möchten, mitreden wollen, sich selbst eine Meinung, selbst ein Bild machen - stellt sogar der Bürgermeister fest. Und es gibt ziemlich heiße Debatten. "Wie kann man nur so etwas aufhängen? Das ist ja furchtbar." - ist die eine Seite. Und viel Applaus und Zustimmung auf der anderen Seite. Was ist denn passiert?

Die Gottesmutter auf dem neuen Altarbild trägt Jeans und Rollkragenpullover statt Heiligenschein. Das neue Altarbild des Künstlers Thomas Jessen bricht mit alten Sehgewohnheiten. Denn im Zentrum ist die Gottesmutter Maria auf einer Klappleiter stehend zu sehen. Die gemalten lebensgroßen Figuren wirken dabei auf den ersten Blick eher wie Gemeindemitglieder oder Handwerker, die dabei sind, den im Hintergrund zu erkennenden Altarraum neu zu gestalten. Maria reicht dem zweifelnden Thomas ihren goldenen Gürtel, weil er an ihrer Himmelfahrt zweifelt. Und Veronika arbeitet an einer Skulptur ihres Schweißtuches.

Wir tragen viele idealisierte Bilder von den Heiligen mit uns herum. Das hier ist anders. Thomas ist hier kein makelloser Jüngling, sondern ein schon etwas älterer, etwas welk gewordener Mann, sagt der Pfarrer. Auch die Himmelskönigin Maria sei hier eine Frau aus Fleisch und Blut, eine von uns. Kirchenkunst habe immer auch Neues gewagt. Es muss doch immer wieder versucht werden, die alte Botschaft neu zu sprechen, sagt der Pfarrer.

Die alte Botschaft neu sprechen, neu darstellen, neu anschauen, neu beleben, bricht mit alten Gewohnheiten und lieb gewordenem und fordert heraus, sich mit seinem eigenen Gottes- und Kirchen- und Heiligenverständnis auseinanderzusetzen. Das ist anstrengend, aber ganz sicher lohnenswert. Und kann vielleicht sogar dem eigenen, etwas starr gewordenen Glauben eine neue, ganz frische Note verleihen.


Quelle:
DR