Morgenimpuls von Schwester Katharina

Ich höre dir zu! Das ist gar nicht so leicht…

Heute spricht Schwester Katharina in ihrem Morgenimpuls vom zweiten Werk der Barmherzigkeit. Es geht ums Zuhören. Besonders Jesus konnte das, meint Schwester Katharina. Das Spannende: Wer zuhört, lernt ununterbrochen Neues.

Die Hand am Ohr / © pathdoc (shutterstock)

Das zweite Werk der Barmherzigkeit heißt: Ich höre dir zu. Eine oft gehörte und geäußerte Bitte lautet: "Habt doch mal ein bisschen Zeit für mich. Ich bin allein. Niemand hört mir zu."

Die Hektik des modernen Lebens, die Ökonomisierung von Pflege und Sozialleistungen zwingt dazu, dass die Mitarbeiter möglichst schnell und effektiv handeln müssen. Es fehlt oft - gegen den Willen der Mitarbeitenden - die Zeit, einem anderen einfach mal zuzuhören. Zeit haben, zuhören können. Ein Werk der Barmherzigkeit. Paradoxerweise gerade im Zeitalter technisch perfekter, hochmoderner Kommunikation ist es so dringlich wie je zuvor.

Der Mensch hat zwei Ohren zum Hören, aber nur einen Mund zum Reden. So könnte man spüren, dass das Hören doppelt so viel wert ist wie das eigene Reden. Oder vielleicht kennen Sie auch diese schöne Formulierung: 'Leih mir doch mal dein Ohr.' Und wenn ich es dann tue, gebe ich ihr oder ihm und auch mir selbst eine Chance. Aber hören wir, wenn wir es versuchen, auch wirklich zu? Ich kenne das bei mir auch, dass ich, wenn mir jemand seine Sorgen und Fragen und Probleme schildert, in meinem Kopf schon nach Antworten suche und sie schon vorformuliere. Aber ich weiß aus vielen Begleitgesprächen mit Menschen, dass die Hilfesuchenden eigentlich die Lösung schon in sich haben. Sie nur im Gespräch erst selber herausbringen müssen.

Jesus war ein Meister dieser Art zu hören und zu reden. Allein durch seine Anwesenheit haben Menschen sich in ihrem Inneren sortiert, ihm ihre Gedanken bekannt und ihm ihre soeben gefundenen Lösungen genannt. Das ist schon beeindruckend.

'Ich höre dir zu', kann Menschen endlich mal wieder dazu bringen, alle die Schätze, ihre Fähigkeiten, die sie haben, die in ihrem Inneren ruhen, aus sich herauszubringen. Sie mit jemandem zu teilen.

Ein kluger Mensch hat mal gesagt: 'Wenn ich selbst nur rede, verbreite ich nur, was ich schon weiß. Wenn ich aber gut zuhöre, kann ich ununterbrochen Neues lernen.'

Vielleicht ist heute so 'ununterbrochen neues Lernen' einfach mal dran.


Quelle:
DR