Weiße, fragile Holzboote verwandeln den dunklen Innenraum der Kölner Kirche St. Gertrud in tiefe Gewässer. Die Berliner Künstlerin Rebecca Raue war sehr berührt vom leeren, schlichten Kirchenraum der modernen Böhm-Kirche im Agnes-Viertel: "Viele Geschichten kommen mir da in den Sinn, wie die Boote sich gruppieren, andere alleine stehen; es sind Geschichten des Getrenntseins, obwohl wir Menschen doch gemeinsam unterwegs sind."
Afrikanische Flüchtlinge, die die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer überlebten, haben diese Boote nach dem Konzept von Rebecca Raue zusammengebaut. Ihre Flüchtlingsschicksale wurden Teil der Boote. "Das ist ein ganz wichtiger Aspekt dieser Arbeit, weil in diesen Booten die Handkraft von Männern steckt, die die Flucht über das Mittelmeer gewagt haben", so die Künstlerin. Der Kirchengrund wird zu einem gefährlichen, unheimlichen Gewässer, der auch symbolisch in die Tiefe, in einen Abgrund verweist.
Die Berliner Künstlerin Rebecca Raue arbeitet seit fast 20 Jahren mit dem Bild von Booten, die an Papierschiffchen erinnern. "Die Einfachheit des gefalteten Papierbötchens, die auf etwas wirklich Großes verweist, berührt mich immer wieder," so die Künstlerin, "und natürlich steht das Boot auch für den menschlichen Körper, der sich auf der Reise durch das Leben befindet." Dieser Gedanke von Reisen und Unterwegssein ist für Rebecca Raue auch immer die Frage nach der Heimat. "Ich glaube, was wir als Gesellschaft verlernt haben, ist gemeinschaftlich und auch jeder für sich wirklich nach innen zu gucken und die eigenen Werte zu spüren und zu überlegen, warum habe ich Angst, wenn diese Menschen kommen." Die Installation in St. Gertrud soll die Menschen inspirieren, sich über den Umgang mit dem eigenen Raum Gedanken zu machen. Die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte, das Fremdsein im eigenen Land, war für Rebecca Raue immer schon ein Thema.
Während der Ausstellung "Ankommen und Ablegen" wird auch für die Flüchtlingsinitiative "Jugend rettet" Geld gesammelt. Junge Studenten wollen mit Hilfe von Spenden ein Boot kaufen, um auf dem Mittelmeer Flüchtlinge zu retten. Der Appell der Künstlerin: "Jeder Mensch, der gerettet wird, zählt."
Das Interview führte Birgitt Schippers
