Kapitelsamt im Kölner Dom

Zweiundzwanzigster Sonntag im Jahreskreis

In seiner Predigt sprach Domkapitular Hans-Josef Radermacher über die heilige Theresa von Avila und Freundschaft mit Jesus - und die Frage nach dem "sich selbst verleugnen".

Spitzen des Kölner Doms / © Caroline Seidel (dpa)
Spitzen des Kölner Doms / © Caroline Seidel ( dpa )

Er begann mit einer Geschichte aus Theresas Leben, in der sie in einen Kutschunfall hat. "So viele Strapazen für Dich, Jesus. Und nun auch noch das – warum?", fragte sie. Die Antwort: "So etwas mute ich nur meinen Freunden zu." Daraufhin erwiderte Theresa: "Darum hast Du auch so wenige."

Die Szene zeige sie selbst wie im Brennglas mit ihrer Energie, ihrem unmittelbaren Christusbezug, ihrer Spontaneität und ihrer Abneigung gegen frömmelnde Posen. "Theresa weiß, dass dieses Wort nicht das letzte ist in ihrem Lebensgespräch mit Jesus. Das letzte Wort hat er. Trotzdem lässt sie sich nicht den Mund verbieten." Theresa wisse, dass nur so könne das Gespräch weitergehen, nur so könnten Klarheit und Vertrauen wachsen.

Ist Jesus ein schlechter Freund? 

"Haben die Bedürfnisse Deiner Freunde kein Gewicht, Jesus?", zitiert Radermacher Theresa von Avila. "Machst Du die Belastungen mit Absicht so groß?" Solche Fragen würden zum Weg des Glaubens gehören.

Auch im Evangelium komme Petrus an diesen Punkt: Er wolle der treuste Freund Jesu sein. "Sollte er Jesus nicht abraten dürfen vom Todesweg?", fragt der Domkapitular. Denn Jesus Untergang wäre auch der Untergang der Jünger. "Sie sollen wohl mitreden dürfen, wenn mehr verlangt wird als sie aushalten können." Doch Jesus wies Petrus zurück: "Tritt hinter mich, Du Satan." Normalerweise würde keine Freundschaft so ein Wort überleben, gibt Rademacher zu. 

"Das tut auch Jesus weh"

Das müsse wohl so sein, "weil Petrus den Weg Gottes nicht versteht, ihn infrage stellt, weil er der Versuchung erliegt, die Geschehnisse selbst in die Hand zu nehmen und zu bestimmen, wie Gott zu sein hat." Dieser Moment habe auch Jesus wehgetan. Der Riss, der in dem Moment entstanden sei, sei ein Vorbote des Todes gewesen.

Sich selbst verleugnen, eine berühmte, gefährliche und missverständliche Forderung an die Jünger Jesu: "In diesem Augenblick erfüllt Jesus sie selbst." Denn es bedeute nicht mehr und nicht weniger als Begrenztheit und Sterblichkeit annehmen; keine Partnerschaft, Freundschaft und Liebe könne aus sich selbst heraus den Tod besiegen. "Der Traum vom grenzenlosen Eins-Sein ist die Ursache der bittersten Enttäuschung."

Was bedeutet: Sich selbst verleugnen?

Diese Einsamkeit sei das Wissen um den unentrinnbaren Tod und niemand könne ihr entkommen. "Wenn wir unsere tiefste Einsamkeit bejahen, lassen wir das falsche grenzenlose allmächtige Selbst los: Das heißt, sich selbst verleugnen. Wir begreifen uns als Verlorene und sind in dem Moment geheimnisvoll verbunden mit allen Verlorenen, auch den materiell Armen, Isolierten und Eingesperrten."

Denn wert sein Leben verliere, werde ein neues, ungeahntes gewinnen. Das hätten Petrus und Theresa mit "großem Stauen" auf ihrem Lebensweg erfahren. 

Übertragung bei DOMRADIO.DE

DOMRADIO.DE übertrug am 22. Sonntag im Jahreskreis das Kapitelsamt aus dem Kölner Dom mit Domkapitular Hans-Josef Radermacher. Es sang ein Tripelquartett des Vokalensembles Kölner Dom. Kantor war Eberhard Metternich. An der Orgel: Winfried Bönig

"Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach." (Mt 16,24)

Zum Sonntagsevangelium (Mt 16,21-27)

Der Weg Jesu, des Messias und Gottessohnes, führt in die Erniedrigung und in den Tod, ihn selbst und seine Jünger. Nicht nur für Petrus ist dieser Gedanke unerträglich. Es ist nicht "das, was die Menschen wollen". Aber wer es nicht versteht, der hat Gott nicht verstanden. Hier am allerwenigsten gibt es eine halbe Wahrheit. Das Heil der Berufenen und das Heil der Welt hängen tatsächlich am Kreuz.

Aus: Schott-Messbuch. Lesejahr A


Blick in den Kölner Dom / © Val Thoermer (shutterstock)
Blick in den Kölner Dom / © Val Thoermer ( shutterstock )

Domkapitular Hans-Josef Radermacher / © Tomasetti (DR)
Domkapitular Hans-Josef Radermacher / © Tomasetti ( DR )