Kapitelsamt im Kölner Dom

Zweiundzwanzigster Sonntag im Jahreskreis

DOMRADIO.DE übertrug am zweiundzwanzigsten Sonntag im Jahreskreis das Kapitelsamt aus dem Kölner Dom mit Generalvikar Markus Hofmann. Er predigte über die Heiligkeit Gottes und die Würde des Menschen.

 (DR)

Auslegung zum Sonntagsevangelium von Klemens Stock:

Die Frage nach Rein und Unrein, die sich am Essen mit ungewaschenen Händen entzündet, mag uns als längst überholt erscheinen. Wir haben es nicht mehr mit jüdischen Vorschriften zu tun. Die Tischsitten und die Speisen betreffen nicht unser Verhältnis zu Gott. Dennoch bleibt das, was Jesus hier sagt, von großer Bedeutung. Die Frage heißt nicht mehr: Wodurch werden wir rein oder unrein? Sie heißt: An was haben wir unser Handeln zu messen? Was hat ausschlaggebendes Gewicht für unsere Beziehung zu Gott?

Jesus stellt das Gebot Gottes in die Mitte (7, 8). Alles, was ihm widerspricht und seine Erfüllung einschränkt, ist Menschenwort. Diese zentrale Bedeutung des göttlichen Gebotes erläutert Jesus am vierten Gebot: Ehre deinen Vater und deine Mutter (7, 10–13). Es muss einfachhin beobachtet werden. Auch ein scheinbar frommes Handeln kann das Gebot Gottes nicht außer Kraft setzen. Auffallend ist es, dass Jesus die Geltungsmacht des Gebotes Gottes am vierten Gebot erläutert. Schon im Alten Testament ist dieses Gebot dadurch von den anderen Geboten unterschieden, dass es – wie allein noch das Sabbatgebot – positiv formuliert wird. Bei den anderen Geboten wird gesagt, was man nicht tun soll. Hier wird gesagt, was man tun soll. Das Verhältnis eines Menschen zu seinen Eltern ist wie schon für seine Existenz so auch für seine sittliche Persönlichkeit von grundlegender Bedeutung. Dieses Gebot ist zuerst an erwachsene Kinder gerichtet, es gilt aber dem Reifegrad entsprechend für alle Lebensphasen des Menschen.

Das allgemeine Gebot: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" konkretisiert sich zuerst und hat sich zuerst zu bewähren in dem Gebot: "Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren." Im einzelnen Fall mögen schwierige Verhältnisse und schlechte Erfahrungen dieses "Ehren" behindern. Jesus stellt aber klar heraus, dass wir nach Gottes Willen zuallererst den Eltern in Liebe und lebendiger Anteilnahme begegnen sollen. In der positiven Beziehung zu den Eltern wird auch die positive Beziehung zu den anderen Menschen eingeübt.

Jesus verlangt, dass wir die Normen, von denen wir unser Handeln bestimmen lassen, sehr kritisch überprüfen. Unser ganzes Handeln soll sich am Gebot Gottes ausrichten. Manche frommen Bestimmungen mögen Gottes Gebot auf die Seite schieben. Noch mehr unfromme Bestimmungen stehen ihm im Wege. Oft orientieren wir uns an dem, was als erstrebenswert, notwendig, modern, zeitgemäß usw. ausgegeben wird. Wir orientieren uns an unserem Egoismus in allen seinen Erscheinungsformen. Hier sagt Jesus: Alles andere hat sich nach Gottes Gebot zu richten und nicht umgekehrt. Für uns Menschen hängt alles davon ab, dass wir im rechten Verhältnis zu Gott stehen. Das ist die wahre Reinheit. Der einzige Weg dorthin ist das Handeln nicht nach Menschennormen, sondern nach dem Willen Gottes.

(Klemens Stock SJ [Neutestamentler, em. Rektor des Päpstlichen Bibelinstituts, * 1934], aus: ders., Jesus – die Frohe Botschaft. Betrachtungen zum Markus-Evangelium, © Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien, 2. Aufl. 1991, 78–79.)

aus: Magnificat, Das Stundenbuch, September 2018


Generalvikar Msgr. Dr. Markus Hofmann / © Tomasetti (DR)
Generalvikar Msgr. Dr. Markus Hofmann / © Tomasetti ( DR )