Protest gegen Pussy-Riot-Urteil während Gottesdienst in Kölner Dom

Forderung nach Freiheit

Zwischenfall im Kölner Dom: Eine Gruppe von Demonstranten hat am Sonntag auf das Schicksal der drei verurteilten Mitglieder der russischen Gruppe "Pussy Riot" aufmerksam gemacht. In seiner Predigt rief der Kölner Weihbischof Heiner Koch zuvor zu einem verantwortlichen Umgang mit Zeit auf.

Die Forderung: Freiheit für Pussy Riot und andere politische Gefangene / © Philipp Thomas (DR)
Die Forderung: Freiheit für Pussy Riot und andere politische Gefangene / © Philipp Thomas ( DR )

Es sei nicht egal, wie wir unsere Zeit verbringen, denn, so Koch am 20. Sonntag im Jahreskreis (19.08.2012) weiter, Gott habe uns unsere Zeit auf Erden geschenkt. Dass uns die Frage nach der Zeit so sehr beschäftige, habe verschiedene Gründe. "Wir haben nicht nur die Zeit, wir sind ein Stück Zeit. Wir sind Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft." Dass diese Zeit so sehr begrenzt ist, mache vielen Menschen Angst.

"Uns geht darum, erfüllt glücklich zu leben. Aber wie finde ich erfüllte Zeit", fragt der Kölner Weihbischof und verweist auf die Heilige Schrift, die vom ewigen Leben spreche. Nur Gott könne unseren Schrei nach ewigem Leben stillen. "Zeit wird zu einer Brücke zu Gott und seiner Ewigkeit. Gott hat diese Zeit geschaffen. Gott ist in unserer Zeit da, der Herr ist nahe."

Zeit sei der Pilgerweg in die Ewigkeit und damit auch Heiligenzeit. "Wenn wir wirklich bekennen, dass unsere Zeit Heiligenzeit ist, müssen wir Gottes Gegenwart wahrnehmen und so leben." Dabei gehe es auch darum, Zeit als Herausforderung Gottes anzunehmen und ihm Zeit zu schenken.

Protest gegen Pussy-Riot-Urteil
Im Anschluss an die Predigt sorgte eine Gruppe von Demonstranten für Unruhe im Kölner Dom: Fünf Sympathisanten stürmten kurz vor Beginn des Hochgebetes mit bunten Kostümen in Richtung Altar. Mit gebetsartigen Gesten und lauten Rufen versuchten sie, die Eucharistiefeier mit einigen hundert Gläubigen zu unterbrechen. Doch die Domschweizer konnten die drei Protestler - eine Frau und zwei Männer - rasch nach draußen abdrängen. Weihbischof Koch blieb während der Aktion ruhig am Altar stehen. Nachdem wieder Ruhe eingekehrt war, sagte der Kölner Weihbischof, dass man die Anliegen auch dieser Menschen und der Menschen in Russland mit in das Gebet aufnehme.

Vor dem Hauptportal des Domes diskutierten anschließend die Störer aufgeregt mit dem Personal der Kölner Domes und der dazu gekommenen Polizei. Auch hier zeigten die Aktivisten wie zuvor schon im Dom das Plakat, mit dem sie ihre Solidarität mit den zu zwei Jahren Arbeitslager verurteilten Frauen in Russland ausdrückten. Die Polizei ließ diese Aktion vor dem Dom zu; nach etwa einer halben Stunde rückten die Kölner Ordnungshüter wieder ab.

Wie die Kölner Polizei auf Anfrage mitteilte, wurde gegen drei der Störer Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, Hausfriedensbruch und wegen Störung der Religionsausübung gestellt. Außerdem wurden drei Platzverweise erteilt.

Umstrittenes Urteil
Ein Moskauer Bezirksgericht hatte die drei "Pussy Riot"-Musikerinnen am Freitag wegen "Rowdytums aus Motiven des religiösen Hasses" zu zwei Jahren Straflager verurteilt. Sie hatten im Februar mit einem "Punkgebet" in der russisch-orthodoxen Hauptkirche in Moskau gegen Wladimir Putin demonstriert, der damals für das Präsidentenamt kandidierte.

Das Urteil stößt international auf deutliche Kritik. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von einer "unverhältnismäßig harten" Gerichtsentscheidung. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zeigte sich "tief enttäuscht". Sie erwarte, dass das Urteil aufgehoben werde. Eine Sprecherin des US-Außenministeriums erklärte: "Die USA sind besorgt über das Urteil und das unverhältnismäßige Strafmaß." Sie appellierte an die Regierung in Moskau, die Meinungsfreiheit in Russland zu gewährleisten.