Pontifikalamt aus dem Kölner Dom - Predigt hier nachhören

Jahrgedächtnis Kardinal Höffner

domradio.de übertrug am 29. Sonntag im Jahreskreis das Pontifikalamt anlässlich des Jahrgedächtnisses Kardinal Joseph Höffners, der vor 21 Jahren verstarb. Es zelebrierte der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner. Es sang die Domkantorei Köln unter der Leitung von Winfried Krane. An der Orgel: Winfried Böning. Sie hörten die Missa Brevis von H. Schroeder.

 (DR)

"Den Himmel überlassen wir / Den Engeln und den Spatzen", heißt es in einem Heine-Gedicht. Zu Heinrich Heines Zeiten war der Satz noch eine Provokation. Die Zeiten haben sich geändert. "Den Himmel überlassen wir / Den Engeln und den Spatzen", nach dieser Devise leben heute ohnehin die meisten Menschen. Ein Grund zur Freude ist das allerdings nicht. Heines Gedicht hatte sich gegen eine kirchliche Mentalität gerichtet, die die Opfer von Ungerechtigkeit und Gewalt mit der Aussicht auf ein besseres Jenseits abspeist, statt gegen das Unrecht aufzustehen. Und es lässt sich nicht leugnen: Allzu oft haben wir Gottesrecht gegen Menschenrechte ausgespielt, den Geist gegen den Leib ins Feld geführt, das Diesseits gegenüber dem Jenseits abgewertet. Doch unser Leben ist von Gott her eine Einheit. Wir können Gott nicht am Menschen vorbei lieben. Wo anders als auf der Erde sollen wir Gottes Willen erfüllen? Wo Christen und Christinnen für bedrohtes und versehrtes Leben aufstehen, wo sie Unrecht beim Namen nennen, wo sie sich für Menschenrechte einsetzen, wo sie blindes Mitmachen verweigern, da wächst Gottes Reich in dieser Welt.
Wortgottesdienst
Erste Lesung
Immer wieder wurden Mächtige als Werkzeuge eines höheren Willens begriffen, von den biblischen Zeiten bis ins 21. Jahrhundert. Da heißt es wachsam sein. Lassen wir uns vielleicht von unseren eigenen Wünschen verführen? Wollen wir auch einmal bei den Siegern sein? Nur wenn wir fähig sind, die Geister zu unterscheiden, dürfen wir mit Gottes Überraschungen in der Geschichte rechnen. Der persische Großkönig Kyros hat ehrgeizige Pläne. Die Großmacht Babel hat er schon besiegt. Noch lebt die kleine Gemeinde der Israeliten in der Fremde, doch einige wittern Morgenluft. Ein verblüffender Gedanke bricht sich Bahn: Kyros, der heidnische Herrscher, ist Jahwes Gesandter, ja sein Gesalbter. Er wird dem Volk Israel die Heimkehr aus der Verbannung gewähren. Aber kann ein fremder König der Messias des Gottes Israels sein? Sollte der Herr einen Menschen erwählen, der gar nichts von ihm weiß? Der Prophet hält das für möglich. Seine Antwort betont dabei: Jahwe ist aller Herren Herr. Gott ist nicht in der Hand des Großkönigs; der Großkönig ist ein kleiner Mensch an Gottes Hand.

Zweite Lesung
Den ersten Brief an die Gemeinde in Thessalonich hat der Apostel Paulus nur zwei Jahrzehnte nach Jesu Tod in Korinth verfasst. Er ist der früheste erhaltene Paulusbrief und wahrscheinlich die älteste Schrift des Neuen Testaments. Der Apostel ist voller Dankbarkeit für die Erwählungen, aus denen die Gemeinde hervorgegangen ist. In einem großen Dankgebet, das den Brief eröffnet, rühmt Paulus den tatkräftigen Glauben, die starke Liebe und die geduldige Hoffnung der Christinnen und Christen in Thessalonich. Glaube, Hoffnung, Liebe: sie sind das Markenzeichen von Gottes eigenem Geist.

Evangelium
"So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!" Das klingt plausibel, vielleicht sogar selbstverständlich. Doch schauen wir in unseren Alltag! Es gibt da so vieles, das noch nicht einmal zweitrangig ist und uns doch erstklassig in Beschlag nimmt. Wie viel Energie verwenden wir darauf, dass die Außenseite stimmt. Wie wichtig ist es uns, vor anderen gut dazustehen. Wie viel Kraft wenden wir auf, um unsere vermeintlichen Schwächen zu überdecken. Und wie viel Energie, Zeit und Aufmerksamkeit, wie viel Kreativität und Liebe bleiben uns am Ende für das, was wirklich wichtig ist? "So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!" Keine Binsenweisheit, keine Banalität, sondern eine tägliche Herausforderung.


(Quelle: Messbuch 2008, Butzon & Bercker Verlag)