Pontifikalamt aus dem Kölner Dom

Palmsonntag

domradio übertrug das Pontifikalamt am Palmsonntag aus dem Hohen Dom zu Köln live. Zum Auftakt der Karwoche hat Kölns Erzbischof Kardinal Joachim Meisner die Bedeutung von Idealen für Kinder und Jugendliche betont. "Junge Menschen haben ein Gespür für Ideale. Sie brauchen ein Ziel für ihr junges Leben, an dem sie sich ausrichten und entfalten können."

 (DR)

Mit dem Palmsonntag beginnt die Heilige Woche, die mit der Osternacht ihren Abschluss findet. Jedoch stellt die Abfolge der Festtage kein striktes zeitliches Nachgehen des Weges Jesu dar. So umfassen die beiden Evangelien des Palmsonntags bereits das ganze Festgeheimnis der Heiligen Woche. Am Palmsonntag stehen Jubel und Schmach, Erhöhung und Erniedrigung nebeneinander. Beides bezieht sich auf Jesus von Nazaret, auf den sich alle Erwartungen richten. Aber der einziehende König ist anders als erwartet. Er ist der Erwartete und doch nicht der Erwartete, weil die Logik Gottes anders ist als die der Menschen. Erst das Sich-Einlassen auf diese Logik, der Gang durch das Leid und der Abstieg in den Abgrund des Todes im Vertrauen auf einen Gott, der für das Leben einsteht, verwandeln den Palmsonntagsjubel in den Osterjubel.

Evangelium
Es kommt einer, der auf einem Esel reitet. Die Leute schneiden Zweige von den Bäumen, streuen sie auf den Weg und rufen: Hosanna dem Sohn Davids! Sie erkennen in dem Reiter den erwarteten Messias. Der Einzug Jesu gleicht einem Triumphzug und die Erwartungen sind hoch: Er wird uns von den Römern befreien, wir werden nicht mehr arm und unterdrückt leben, nichts wird uns mehr fehlen, wir werden die Sieger sein. Das Attribut „friedfertig" lenkt die Erwartung der Leserinnen und Leser in eine andere Richtung. So scheiden sich die Geister derer, die hier noch einmütig jubeln.

Erste Lesung
Gott, der Herr, ist es, der mich zu dem gemacht hat, was ich bin. Gott, der Herr, hat mich durchlässig gemacht für die, die des Trostes bedürfen. Diese Durchlässigkeit ist eine Belastung, denn ich erfahre Abwehr, Schmähung, Spott, Angriff, Verletzung. Wie halte ich das aus, wie halte ich dem Stand? Nur im Vertrauen auf den Gott, durch den ich bin, was ich bin. Im Vertrauen auf den Gott, der mich ergriffen hat, kann ich mich den Schmähungen und Verletzungen aussetzen, denn ich weiß, dass dieser Gott mich nicht untergehen lässt.
Der Text steht als drittes Lied in einer Reihe von vier „Gottesknechtliedern" - wer dieser Gottesknecht ist, bleibt im Jesaja-Buch offen. So sind diese Lieder auch offen für die Deutung der Passion Jesu.

Zweite Lesung
Der Bekenntnisruf „,Jesus Christus ist der Herr' - zur Ehre Gottes, des Vaters" spiegelt den Ruf „Hosanna dem Sohn Davids" aus dem ersten Tagesevangelium. Zugleich offenbart dieser Text aus dem Philipperbrief die dahinterstehende Logik Gottes, die im Gegensinn zur menschlichen Logik verläuft. Wer bekennt, dass Jesus Christus der Herr ist, der hat verstanden, dass Allmacht nicht gewaltsame Durchsetzung eigener Interessen bedeutet, sondern Loslassen, und dass der Weg zur wahren Erhöhung in dieser Welt Erniedrigung bis zum Äußersten bedeuten kann. Wer bekennt, dass Jesus Christus der Herr ist, weiß auch, dass die Logik dieses Lebens nicht ohne Folgen für das eigene Leben bleiben kann.


Die Jünger schaffen es nicht, mit Jesus zu wachen, und fliehen bei seiner Verhaftung; Judas liefert ihn durch ein Zeichen der Zuneigung aus; Petrus verleugnet ihn nach dem Schwur unverbrüchlicher Treue; eine Menschenmenge schreit bei Pilatus nach der Freilassung des Räubers Barabbas und fordert den Kreuzestod Jesu; die Soldaten verhöhnen und quälen Jesus, den König mit dem lächerlichen Purpurmantel und der Dornenkrone. Nach so vielen Enttäuschungen und Demütigungen scheint die menschliche Logik endgültig zu triumphieren. Am Kreuz wird offensichtlich, dass Jesus gescheitert ist, dass es für ihn keine Rettung gibt! Wenn er der Sohn Gottes ist, soll er doch herabsteigen vom Kreuz, er hat auf Gott vertraut, soll der ihn doch retten - aber all das wird ja nicht geschehen! Die Logik der Menschen ist jedoch nicht die Logik Gottes. Als Jesus stirbt, bebt die Erde und die Felsen spalten sich - ein apokalyptisches Szenario, das den Anbruch einer neuen Zeit ankündigt, in der durch den Tod Jesu die Logik Gottes gilt. Wer das erkennt, erkennt zugleich: Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn!

(Quelle: Messbuch 2008, Butzon & Bercker Verlag)