Pontifikalamt aus dem Kölner Dom

1. Adventsonntag

domradio übertrug am 1. Advent das Pontifikalamt aus dem Kölner Dom. In seiner Predigt zum Markus-Evangelium betonte Weihbischof Heiner Koch, die alles entscheidende Frage sei die nach Gott. "Davon hängt alles ab." Wir Christen müssten einander dabei helfen, Gott zu sehen.

 (DR)

Das Kirchenjahr beginnt nicht mit einem spektakulären Feuerwerk, nicht mit einem rauschenden Fest, nicht mit knallenden Sektkorken. Das Kirchenjahr beginnt in Stille und Abgeschiedenheit; es beginnt in der Wüste; es beginnt mit Sehnsucht und Erwartung. Der Anfang des Kirchenjahres markiert den Anfang eines Weges auf ein besonderes Fest hin: das Fest der Menschwerdung Gottes. Wenn Gott Mensch wird, bedeutet das die Umkehrung aller Verhältnisse, in denen wir uns widerstandslos, blind und bequem eingerichtet haben. Gott selbst bedeutet uns, umzukehren aus allem, was wir festhalten, ja mit Zähnen und Klauen verteidigen, obwohl es uns und anderen zum Schaden gereicht. Werden wir also wach für das, was uns von Gott her erwartet!



Wortgottesdienst

Erste Lesung
Du bist doch unser Vater, also handle wie ein Vater und nimm dich unser an. Reiß doch den Himmel auf und komm mit deiner alles verändernden Kraft, komm uns entgegen, denn unser Tun allein reicht nicht. Du enttäuschst nicht, die auf dich warten; darauf vertrauen wir. Auch wenn wir nicht nach deinem Willen lebten, nicht auf deinen Wegen gingen. Du bist der Eine, der uns geformt hat, deine bleibende Zuwendung ist unsere Hoffnung.
In dem bei Tritojesaja (dem „Dritten Jesaja") überlieferten Gebet artikuliert sich die Erfahrung, dass die Veränderung zu einem Leben, das Gott entspricht,  aus eigener Kraft und aus eigenem Willen nicht gelingt, dass es dazu Gottes macht- und liebevolles Entgegenkommen braucht. Dem Wunsch, das eigene Leben zu ändern, entspricht die Sehnsucht, Gott möge nahe kommen. Die Lösung aus den alten Verhältnissen darf und will erbeten und erbetet werden, denn Gott ist unser Schöpfer, der auch heute und morgen auf uns schaut.

Zweite Lesung
In der Gemeinde von Korinth, die Paulus auf einer seiner Missionsreisen selbst gegründet hat, geht es alles andere als friedlich und geordnet zu. Als die Fragen und Probleme überhand nehmen, wendet sich die junge Christengemeinde Hilfe suchend an Paulus. Doch bevor er auf irgendeine konkrete Streitfrage eingeht, äußert der Apostel seine Dankbarkeit Gott und seine Zuversicht der Gemeinde gegenüber und benennt das Fundament, auf dem alle Streitigkeiten ausgetragen und ausgehalten werden können: Weil das Bekenntnis zu Jesus, dem Christus, in der Gemeinde fest verankert ist, besitzt sie Gnadengaben in Fülle, ist sie zum Warten auf die Wiederkunft Christi gerüstet. Das Christus-Zeugnis ist die Kraft, die das Gemeindeleben eint. Niemand, der für Christus Zeugnis ablegt, geht  seinen Weg allein, alle gehen ihn gestärkt, denn Gott ist treu.


Evangelium

Die Hoffnung auf den Messias ist die Hoffnung auf eine Zeitenwende: Mit seiner Ankunft wird Gottes endgültige Herrschaft offenbar werden, wird sich seine Wirklichkeit unwiderruflich durchsetzen. Das geht nicht ohne Erschütterung der ganzen bisherigen Welt und ihrer Ordnungssysteme vor sich; die Ankunft des Menschensohnes lässt den fest gefügten Kosmos wanken. Die Sonne wird sich verfinstern, der Mond nicht mehr scheinen, Sterne fallen vom Himmel. Doch das Ende ist der Anfang! Darum ist nicht namenlose Angst, sondern Wachsamkeit im Namen des Herrn am Platz, Wachsamkeit auf zweierlei Art: Wachsamkeit, die sich in einem geschärften Blick für die Zeichen der Nähe Gottes zeigt und in einem aktiven Warten, das die Sorge für die Gegenwart von der Erwartung des kommenden Messias durchwirken lässt. Wo wir in der Gewissheit leben, dass das Ende der Anfang ist, bahnen wir Gott selbst den Weg.

Trost-Aria
Endlich bleibt nicht ewig aus:
Endlich wird der Trost erscheinen;
Endlich grünt der Hoffnungs-Strauß;
Endlich hört man auf zu weinen;
Endlich bricht der Tränen-Krug;
Endlich spricht der Tod: Genug!

Endlich wird aus Wasser Wein,
Endlich kommt die rechte Stunde;
Endlich fällt der Kerker ein;
Endlich heilt die tiefe Wunde;
Endlich macht die Sklaverei
Den gefangnen Joseph frei.

Endlich, endlich kann der Neid,
Endlich auch Herodes sterben;
Endlich Davids Hirten-Kleid
Seinen Saum in Purpur färben,
Endlich macht die Zeit den Saul
Zur Verfolgung schwach und faul.

Endlich nimmt der Lebens-Lauf
Unsres Elends auch ein Ende;
Endlich steht der Heiland auf,
Der das Joch der Knechtschaft wende;
Endlich machen vierzig Jahr
Die Verheißung zeitig wahr.

Endlich blüht die Aloe;
Endlich trägt der Palm-Baum Früchte,
Endlich schwindet Furcht und Weh,
Endlich wird der Schmerz zunichte,
Endlich sieht man Freuden-Tal,
Endlich, Endlich kommt einmal.

Johann Christian Günther

(Ders., Gesammelte Gedichte, hg. von H. Heckmann, Hanser München 1981)

(Quelle: Messbuch 2008, Butzon & Bercker Verlag)