Pontifikalamt am Hochfest der Geburt des Herrn im Kölner Dom mit Kardinal Meisner

Auf dem Weg zur wahren Heimat

Die deutschen Bischöfe haben an Weihnachten zu größerer Solidarität mit Flüchtlingen und zur Nächstenliebe beim Umgang mit Alten, Kranken und Armen aufgerufen. Im Kölner Dom predigte Erzbischof Joachim Kardinal Meisner.

 (DR)

Der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner hat an Weihnachten zu Versöhnung und Gottvertrauen aufgerufen. "In Gott werden wir immer tiefstes Geborgensein und tiefstes Zuhausesein finden", sagte der Erzbischof im Gottesdienst am Weihnachtstag im Kölner Dom.

Der Kardinal, der am selben Tag 80 Jahre alt wurde, bekundete am Ende der Feier Dankbarkeit. Er sei froh, dass er es "schon so weit geschafft hat". "Ich habe vor der Zukunft keine Angst", sagte Meisner. Er habe mehr Zukunft vor sich als Vergangenheit und Gegenwart zusammen. Nun hoffe er, dass Papst Franziskus ihm über kurz oder lang den Hirtenstab aus der Hand nehme. Der Kardinal rechnet damit, dass ihn der Papst spätestens im Februar in den Ruhestand entlässt. Am 12. Februar jährt sich sein Amtsantritt in Köln zum 25. Mal.

In seiner Predigt betonte der Erzbischof, dass Weihnachten "alle Bilder der Kindheit wieder vor unserer Seele erstehen" lasse und "das Heimweh in den Herzen der Menschen" wecke. Vor allem aber führe das Fest zu Jesus Christus als wahre Heimat.

Oben-Ohne-Protest

Das Pontifikalamt hatte gerade begonnen, als eine junge Frau in den Altarraum stürzte, auf den Altar sprang, ihren Oberkörper entblößte und "Ich bin Gott!" schrie. Die junge Frau, die sich auch auf ihren Oberkörper die ironischen Worte "I am God" geschrieben hatte, wurde von Domschweizern schnell gefasst und aus der Kirche geführt. Nach Darstellung des Kölner "Express" handelte es sich um die 19-jährige Femen-Aktivistin Josephine Witt, die bereits in Hannover gegen Vladimir Putin demonstriert hatte und Ende Mai in Tunesien verhaftet wurde. Sie habe mit ihrer Aktion gegen eine sexistische und patriarchalische Haltung der katholischen Kirche demonstrieren wollen.

Joachim Kardinal Meisner blieb gelassen. Man wolle Weihnachten feiern und sich die Stimmung nicht vermiesen lassen, sagte er. Vor dem Schlusssegen schloss er die Frau in sein Gebet ein. Der Altar wurde nach der Aktion der Frau in einem kurzen Ritus neu gesegnet. Das Kölner Domkapitel erwägt eine Anzeige gegen die Frau.

Weihnachtspredigten der Bischöfe

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, hat in seiner Weihnachtspredigt mehr Anstrengungen zum Schutz ungeborenen Lebens gefordert. Es müsse beunruhigen, dass im Europaparlament vor wenigen Wochen eine Empfehlung, Abtreibung als Menschenrecht einzufordern, nur mit knapper Mehrheit abgelehnt worden sei, sagte Zollitsch am Mittwoch im Freiburger Münster. "Weihnachten sagt uns, dass wir als Christen nicht zusehen können, wenn das Recht auf Leben in sein Gegenteil verkehrt wird", betonte der Freiburger Erzbischof.

Wie an Heiligabend stand auch am ersten Weihnachtsfeiertag in den Predigten vieler Kirchenrepräsentanten die Forderung nach einer menschlicheren Flüchtlingspolitik im Mittelpunkt. Der Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki sagte in einem ZDF-Fernsehgottesdienst in der Berliner St.-Hedwigs-Kathedrale, das biblische Gebot, Fremde willkommen zu heißen, erfordere eine grundsätzliche Änderung des Flüchtlingsrechts. Kirchliche Solidaritätsaktionen wie etwa die Bereitstellung von Unterkünften für Flüchtlinge könnten zwar kurzfristig helfen, sagte Woelki. Damit sei jedoch noch keines der grundlegenden Probleme gelöst. Auch rechtsextreme Propaganda gegen Flüchtlinge müsse bekämpft werden.

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode rief dazu auf, Flüchtlingen Raum und Hilfe zur Verfügung zu stellen. Gerade Christen hätten den Auftrag, ihre Stimme zu erheben und sich einzumischen gegen Unrecht und Menschenverachtung, sagte er am ersten Weihnachtstag im Osnabrücker Dom.

Kardinal Karl Lehmann ermunterte in seiner Weihnachtspredigt dazu, die von Gott erfahrene Liebe weiterzugeben. An Weihnachten geschehe ein "heiliger Tausch", in den Worten des Reformators Martin Luther ein "fröhlicher Wechsel", sagte der katholische Bischof von Mainz am Mittwoch im Mainzer Dom. "Jesus Christus, der reich war, wurde euretwegen arm, um euch durch seine Armut reich zu machen", zitierte Lehmann aus dem Neuen Testament der Bibel (2. Kor 8,9). Diese Bewegung vollende sich erst, wenn die Menschen den empfangenen Reichtum weiterschenkten.

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hat zu Weihnachten dazu aufgerufen, auch nach den Feiertagen der Botschaft Jesu einen festen Platz im Alltag einzuräumen. Weihnachten komme erst da wirklich zum Ziel, wo "Menschen Gott aufnehmen, sich für den entscheiden, der sich für sie entschieden hat", sagte Ackermann am Mittwoch im Trierer Dom. "Er will aufgenommen werden in unseren Häusern, in unserem privaten und sozialen Umfeld."

Gott selbst habe die Grenzen zwischen seinen und den menschlichen Räumen verschoben, indem er in Jesus Christus Menschen geworden sei. "Jesus wurde gerade nicht im Tempel geboren, sondern im Profanen, auf freiem Feld", erklärte der Bischof. Deshalb sei es zu wenig, ihn ehrfürchtig in heiligen Kirchenraum anzunehmen. "Heiligen wir unsere persönlichen Räume, indem wir Jesus und seiner Botschaft bei uns Raum geben: in unserem Denken und Handeln", ermutigte Ackermann die Christen.

Wie ein ganz normaler Raum geheiligt werde, habe er selbst bei einer Afghanistan-Reise kurz vor Weihnachten erfahren, sagte der Bischof weiter. In der deutschen Botschaft in Kabul, die aufgrund der schwierigen Sicherheitslage einer Festung mit Betonwänden und Stacheldraht gleiche, habe er mit Diplomaten, Polizisten, Soldaten und Zivilisten einen Gottesdienst gefeiert: "Unter den Versammelten wurde etwas von dem Frieden, den das wehrlose Kind von Bethlehem in unsere zerrissene Welt gebracht hat und nach dem wir uns so sehnen, spürbar."

Ackermann, der in der vergangenen Woche den katholischen Militärbischof Franz-Josef Overbeck beim Besuch der Bundeswehrsoldaten in Afghanistan begleitet hatte, zollte den in Kabul tätigen Frauen und Männern Respekt. Sie setzten sich auf je unterschiedliche Weise und unter lebensgefährlichen Bedingungen für den Frieden ein, betonte er. Angesichts der begrenzten politischen, militärischen, diplomatischen und institutionellen Mittel wüssten sie, wie wichtig es sei, die Hoffnung nicht zu verlieren.