Kardinal Woelki warnt vor nationalistischen Tendenzen

Heilung von den Besessenheiten

Im Internationalen Soldatengottesdienst hat der Kölner Erzbischof Woelki am Donnerstag vor nationalistischen Tendenzen gewarnt: "Je mehr Nationalismus unsere politisch Verantwortlichen leitet, umso gefährdeter ist der Frieden für alle."

Soldatengottesdienst im Januar 2017 / © Melanie Trimborn (DR)
Soldatengottesdienst im Januar 2017 / © Melanie Trimborn ( DR )

Die frostigen Temperaturen in Köln hatten sich bis in heiligen Hallen des Kölner Domes und zur Feier des Weltfriedenstages durchgesetzt. Mehrere hundert Soldatinnen und Soldaten aus unterschiedlichsten Ländern hatten sich in dicken Uniformen zum diesjährigen Internationalen Soldatengottesdienst im hohen Dom zu Köln eingefunden. Statt Waffen trugen sie Leuchter durch den Dom, so wie das sonst die Ministranten während der Liturgie tun. So wie allein dieses Bild für den Frieden stand, so stand der gesamte Gottesdienst im Zeichen des Friedens.

In seiner Predigt sagte der Kölner Erzbischof für die Kirche sei immer "der Friede das Ziel, nie der Krieg, auch nicht ein sogenannter gerechter Krieg". Die Kirche fordere deshalb nachdrücklich Gewaltanwendung aus der internationalen Politik zu verbannen und zu ächten.

Auch der Papst hatte zum Weltfriedenstag Anfang des Jahres zu einem Umdenken und zu Gewaltfreiheit aufgerufen. "Die immer zahlreicheren Konfliktherde weltweit haben schwerwiegende soziale Folgen; daher ist jede noch so schwierig scheinende Möglichkeit auszuschöpfen, um Auseinandersetzungen gewaltfrei zu beenden", so der Papst in seiner Botschaft.

"Soldatinnen und Soldaten unverzichtbar"

Rainer Maria Kardinal Woelki betonte aber auch, dass der Dienst der Soldatinnen und Soldaten unverzichtbar sei." Er verurteilte in seiner Predigt auch nicht grundsätzlich jeglichen Einsatz der Soldaten. "Auch eine Politik, die sich am Prinzip der Gewaltfreiheit ausrichtet, kann in Situationen geraten, in denen die Anwendung militärischer Gewalt als das kleinere Übel ethisch geboten sein kann."

Woelki räumte ein, dass die Zeiten sich geändert hätten: "Ganz neue Formen der Bedrohung und der Barbarei fordern uns seit dem Aufflackern ethnischer Konflikte in Europa und weltweit heraus." Auch den Terror zählt für Woelki zu einer Form der Kriegsführung der sich gegen zivile Opfer richtet. Es muss sich neu damit auseinander gesetzt werden und sich die Frage gestellt werden, wie ein gerechter Friede zu schaffen sei und welche Rolle Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr dabei haben, "um das Leben, um den Frieden, der uns so wichtig ist, zu verteidigen".

Der Erzbischof sieht aber auch jeden Menschen in der Verantwortung. Jeder könne etwas zum Frieden beitragen. Es fange im Umgang mit seinem Nächsten an: "Unser Nächster in einem Zeitalter der Globalisierung ist auch derjenige, der in einem anderen Kontinent unter erbärmlichen Umständen die Kleider näht, die wir auf der Haut tragen oder das Kind, das auf den Müllbergen der Millionenstädte auf der Südhalbkugel die hochgiftigen Reste meines Mobiltelefons sammelt, um sie zu Geld zu machen." 

Militärgeneralvikar Msgr. Reinhold Bartmann betonte in seinem Grußwort ebenfalls, dass der Friede bei einem selbst beginne. "Tun wir also selbst, was wir von anderen, von der großen Politik fordern. Schaffen wir Frieden in unserer kleinen Welt. Handeln wir barmherzig, indem wir offen für das sind, was wahrhaftig gerecht ist und zum Guten führt." Den Worten Franziskus' stimmte Bartmann zu: "Niemand von uns – in zivil oder in Uniform, würde diesem Anliegen des Papstes widersprechen."

Von Besessenheit erlösen

Der Kardinal schloss seine Predigt mit den Worten: "Dieser Frieden, von dem die Menschen zu allen Zeiten das Heil erwartet haben und mit dem sie die Hoffnung verbinden, von ihren Besessenheit erlöst zu werden. Von der Besessenheit unserer Allmachtsphantasien, von der Besessenheit und dem Glauben, dass im Letzten durch Waffengewalt letzte Lösungen herbeigeführt werden können oder eine gerechtere Welt geschaffen werden könnte. Wir wollen darum bitten, dass die Menschheit von dieser Besessenheit heute mehr denn je geheilt werden möge." 

Kritik am Gottesdienst

Bei minus zwei Grad protestierte eine Gruppe von 20 Demonstranten auf der Domplatte gegen den Soldatengottesdienst. Thirza Küpper aus Köln hielt ein Plakat hoch mit den Worten: "Selig sind die Frieden stiften." Die Predigt von Kardinal Woelki habe ihr gefallen. Doch die Realität sehe anders aus. Im Vorfeld hatte die Deutsche Friedensgesellschaft erklärt: Wer Soldaten segne, erleichtere ihr Gewissen und sorge dafür, dass Kriege weiterhin gerechtfertigt werden könnten". Ein solcher Gottesdienst trage dazu bei, Bundeswehr und Militarismus in der Öffentlichkeit Raum zu geben und somit Krieg zu normalisieren.

Kritik übte die Initiative auch an militärischen Auslandseinsätzen. "Überall da, wo das Militär zu 'Hilfe' eilte, ist die Lage der Menschen katastrophal", erklärte sie. Seit dem Zweiten Weltkrieg habe es nicht mehr so viele verzweifelte, gewaltbereite, verarmte und hungernde Menschen wie heute gegeben.

Tradition seit 1977

Zu dem Internationalen Soldatengottesdienst laden jedes Jahr seit 1977 das Katholische Militärbischofsamt und die Katholische Militärseelsorge ein. Die Feier bezieht sich traditionell auf das jeweilige Leitwort des internationalen Weltfriedenstags, den die katholische Kirche am 1. Januar begeht. Das Motto lautet in diesem Jahr "Gewaltfreiheit - Stil einer Politik den Frieden."

Den ersten Soldatengottesdienst 1977 feierte der damalige Kardinal Höffner mit ca. 1.100 Soldaten aller im Bistum Köln stationierten Nationen in der Apostelkirche zu Köln. Da die Apostelkirche nicht groß genug war, fand der nächste Soldatengottesdienst 1978 im Hohen Dom zu Köln statt. Es feierten zeitweise bis zu 3.000 Soldaten mit dem Erzbischof von Köln diesen Internationalen Soldatengottesdienst.

Der Bereich des Katholischen Militärdekanates Köln umfasst flächenmäßig die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und das Saarland und ist in 16 Seelsorgebezirke, die mit einem Militärpfarrer bzw. Pastoralreferenten  besetzt sind, (Aachen, Augustdorf, Bonn, Büchel, Fritzlar, Idar-Oberstein, Koblenz, Köln, Mayen, Münster, Nörvenich, Saarlouis, Stadtallendorf, Wesel, Wahn, Zweibrücken) aufgeteilt. In diesen Seelsorgebezirken werden ca. 17.000 katholische Soldaten und Soldatinnen und ihre Familienangehörigen betreut.


Quelle:
DR
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