Kardinal Meisner warnt an Gründonnerstag vor Entfremdung von Gott

Das Schicksal des Judas

Der Verrat Jesu durch den Jünger Judas mahne Gläubige, das Gottesbild nicht zu einem Götzenbild zu disqualifizieren. Das betonte Joachim Kardinal Meisner in seiner Predigt am Gründonnerstag. Der Mensch neige dazu, Gott, Christus und die Kirche nach seinen eigenen Maßstäben zu bemessen und zu gestalten.

 (DR)

Durch Entfremdung und nicht erfüllte Erwartungen habe der Jünger Judas trotz Berufung und intensiver Gemeinschaft zum Verräter Jesu werden können,  sagte der Kölner Erzbischof. domradio.de übertrug die Messe vom letzten Abendmahl aus dem Kölner Dom. Mit dem Gründonnerstag hat das sogenannte österliche "Triduum" begonnen, das sind die drei Österlichen Tage des Gedächtnisses vom Leiden, vom Tod und von der Auferstehung Jesu Christi.



"Du sollst keine fremden Götter neben mir haben"

"Du sollst keine fremden Götter neben mir haben" ist immer noch eine hochaktuelle Mahnung und Warnung an uns, und das werden wir uns am Gründonnerstag erneut sagen lassen müssen, damit wir nicht in den Bannkreis des Judas geraten, der so gut angefangen hat wie die andern Elf auch", sagte Meisner. Dass Judas sich schließlich erhängt habe, sei eine Katastrophe gewesen, die auch Jesus in seiner Passion nicht erspart geblieben sei.



Judas" Schuldbekenntnis und sein Versuch, das Verrätergeld in Höhe der 30 Silberlinge als Sühnegeld abzugeben, seien zuvor vom Hohenpriester abgelehnt worden, erinnerte Meisner. Dies sei eine Mahnung an die Kirche, Schuldige und Sünder nicht abzuweisen. "Das ist das Schlimmste, was uns als Kirche passieren kann, in die Rolle der Hohenpriester zu fallen, das Schuldbekenntnis der Menschen nicht anzunehmen", sagte der Erzbischof. Dies lasse den Sünder in seiner Verzweiflung ersticken. "Dann bleibt wohl nur der Strick."



"Nicht den Blick des Glaubens auf den Herrn verstellen lassen"

Abschließend sagte der Kardinal: "Die Gestalt des Judas will nicht das verhaltene tiefe Leuchten um den Abendmahlstisch verdunkeln, sondern Judas möchte uns gleichsam einladen, uns nicht den Blick des Glaubens auf den Herrn verstellen lassen."



Kardinal Meisner nahm während der Messe auch die traditionelle Fußwaschung vor. Es sang am Gründonnerstag die Kölner Domkantorei unter der Leitung von Winfried Krane. An der Orgel war Ulrich Brüggemann.

Am Abend vor seinem Leiden hält Jesus mit den Jüngern Mahlgemeinschaft. Die zentrale Bedeutung dieses letzten Mahls für die Christenheit spiegeln und vertiefen die Texte der Gründonnerstagsliturgie, die ausgespannt ist zwischen der alttestamentlichen Lesung vom Pessahfest und der johanneischen Darstellung der Fußwaschung. Jesus stiftet ein Sakrament, das Dank, Gedächtnis und Zuspruch in unlöslicher Einheit ausdrückt. Die Feier der Eucharistie wäre ohne die Erfahrung Israels, dass Vergangenes vergegenwärtigt und nicht bloß memoriert werden kann, unverständlich. Dies sagt auch der Gestus der Fußwaschung. Wer zu der Gemeinschaft gehören will, die den Geist Jesu trägt, scheut sich nicht, den anderen Menschen zu berühren und ihm Stütze zu sein.



Erste Lesung

Das Pessahfest ist ein Dankopfer, das ursprünglich mit einem Blutritus verbunden war. Es vergegenwärtigt die Ereignisse, die einst das Volk Israel zur Jahwegemeinde machte. Das Fest, das rituell die Schlachtung eines Lammes vorsieht, übersteigt bald schon seinen lokalen Charakter und wird zu einem großen Wallfahrtsfest, das zum zentralen Heiligtum nach Jerusalem führt. Dort wird das Opfer dargebracht im Namen und zum Wohl des ganzen Volkes.



Zweite Lesung

Paulus greift in Streitigkeiten ein, die sich an der eucharistischen Mahlfeier entzündet haben. Die ersten christlichen Mahlfeiern waren Sättigungs­mähler. Doch anscheinend gab es in der Korinther Gemeinde Menschen, die sich beim Herrenmahl satt aßen, ohne Rücksicht auf andere zu nehmen. Kommen wir zusammen, so der Apostel, um im Namen des Herrn zu trinken und zu essen, dann verkünden wir als Mahlgemeinschaft, die aufeinander achtet und aufeinander wartet, das Sterben des Herrn zu unserer Rettung. Halten wir jedoch Mahl unter Missachtung der Gemeinschaft, so verletzen wir Jesu Geist und machen uns aneinander schuldig. Diese Worte der Überlieferung werfen ein Licht auf die Bedeutung der Gemeinde, der Gemeinschaft, für die sonntägliche Feier.



Evangelium

Die Gesten Jesu sprechen. Während er im Begriff ist, ein Leiden auf sich zu nehmen, das schlimmer nicht vorzustellen ist, unterweist er seine Freunde achtsam, mit Zartheit. Indem er ihnen die Füße wäscht, lehrt er sie die Hinordnung auf die anderen als den einzigen Weg zum Heil. Es geht nicht um Leistungsethik oder Askese, sondern um die Reinigung, die wir einander geben können.



(Quelle "Messbuch" Butzon und Bercker)