Kapitelsamt vor dem Caritas-Sonntag im Kölner Dom

Den Blick nach oben gerichtet

domradio.de übertrug am 25. Sonntag im Jahreskreis und eine Woche vor dem bundesweiten Caritas-Sonntag das Kapitelsamt aus dem Kölner Dom. In seiner Predigt zum Markusevangelium ruft Dompropst Norbert Feldhoff dazu auf, die Menschen am Rande der Gesellschaft nicht abzustempeln. Wie Jesus Gott angeschaut hat, sollen auch wir unsere Mitmenschen anschauen - ohne Vorurteile. "Wenn unser Blick des Herzens auch nach oben gerichtet wäre, dann würde unser Verhältnis zu unseren Mitmenschen anders."

 (DR)

Christin oder Christ zu sein, das macht das Leben ungemütlich. Davon erzählen die Schriftlesungen dieses Sonntags. Da gibt es Menschen, die nur darauf warten, dass man in Glaubenszweifel kommt. Da kämpft man täglich neu mit seinem Egoismus, seiner Streitlust, seiner Eifersucht. Die Gemeinschaft der Gläubigen hat andere Spielregeln zu beachten, als die Gesellschaft es vorlebt: Die Kleinsten und Schwächsten stehen hier im Mittelpunkt, haben unter uns ihren Ehrenplatz. Haben sie ihn? Aber auch wenn es ungemütlich scheint, das Leben als Christin, als Christ: Gibt es wirklich eine Alternative zu einem Leben in Beziehung zu Gott?

Wortgottesdienst
Erste Lesung
„Not lehrt beten", so heißt es im Volksmund. Aber: Lehrt Not Menschen auch an Gott glauben, die zuvor nicht geglaubt haben? Wohl nur in den seltensten Fällen. Persönlich erlittene Not bringt Menschen oft in tiefe Glaubenszweifel oder sie bringt sie ganz von ihrem Glauben ab und gibt damit scheinbar denen Recht, die immer schon wussten, dass es mit diesem Glauben nichts auf sich hat. „Wenn es deinen Gott wirklich gibt", so könnte man die Meinung der „Frevler" im Buch der Weisheit ins Heute übersetzen, „dann wird er dich doch wohl bewahren vor Not und Tod, vor Erfolglosigkeit und schäbigem Scheitern." Dass Gott den Menschen vielleicht auf eine ganz andere Art rettet, darüber denken diese Leute nicht nach. Dass sich Gottes rettende Tat nur denen erschließt, die an seine Liebe glauben, davon wissen die Frevler nichts. Und so läuft ihr Plan, mit der - anscheinend ausbleibenden - rettenden Tat Gottes auch die tiefe Beziehung des Glaubenden zu diesem Gott zu leugnen, letztendlich ins Leere.

Zweite Lesung
Eifersucht und Ehrgeiz sind Gefühle, die den wenigsten Menschen fremd sind. Es sind aber auch Gefühle, die, wenn sie ungezügelt gelebt werden, eine Gemeinschaft unter Menschen unmöglich machen, die zu andauerndem Streit führen: Streit darüber, wer der Erste unter uns ist; Streit darüber, ob ich genauso gesehen und geliebt werde wie die anderen; Streit darüber, ob die anderen mich als die Beste, als den Besten auch wirklich anerkennen. Herausführen aus solch einer schwierigen Situation kann das Gebet, allerdings nur das ehrliche Gebet: das Gebet, das um den Frieden für die ganze Gemeinschaft und nicht nur um die Befriedigung meiner eigenen Bedürfnisse bittet.

Evangelium
Jesus stellt hohe Anforderungen an die Menschen, die mit ihm leben und sagen, dass sie ihm nachfolgen wollen. Wie hoch diese Anforderungen sind, wird immer dann deutlich, wenn im Evangelium erzählt wird, wie schwer sich seine Jüngerinnen und Jünger mit seinen Vorstellungen und Reden taten. Und das, obwohl sie täglich mit ihm zusammen waren und ihn von Angesicht zu Angesicht erleben konnten. Selbst sie konnten ihren persönlichen Ehrgeiz nur schwer loslassen. Auch sie kämpften um ihren Status und um ihr Ansehen. Jeder wollte der Erste oder Größte sein. Und Jesus? Er stellt gegen diese Statuskämpfe ein Kind in die Mitte. Er zeigt den Jüngerinnen und Jüngern, worauf es ihm und damit Gott ankommt: dass wir die Kleinsten und Schwächsten nicht aus dem Auge verlieren. weil sie es sind, für die Gott zuallererst Mensch geworden ist.

(Quelle: Messbuch 2009, Butzon & Bercker Verlag)