Kapitelsamt aus dem Kölner Dom - Predigt hier nachhören

22. Sonntag im Jahreskreis

domradio übertrug am 22. Sonntag im Jahreskreis das Kapitelsamt mit Generalvikar Dr. Dominik Schwaderlapp aus dem Kölner Dom. Es sang die Domkantorei Köln unter der Leitung von Domkantor Winfried Krane. An der Orgel: Domorganist Winfried Bönig. Sie hörten die Missa Pange Lingua von Josquin de Près.

 (DR)

Gott will nicht das Leiden, sondern seine Überwindung. Viele Geschichten der Bibel erzählen vom Leiden und vom Ende des Leidens - von der Herausführung des unterdrückten und ausgebeuteten Volkes aus Ägypten, von der Heilung leidender Menschen, und schließlich von der Erweckung Jesu aus dem Tod. Die Bibel lobt das Leiden nicht. Doch sie erkennt im Leidensweg Jesu einen Weg der Gewaltlosigkeit, der Solidarität und des Gottvertrauens, der vom Unheil der Welt zeugt, der Welt aber Heil bringt. Leiden darf aber nicht gesucht werden. Es geht auch nicht um gleichgültiges, willenloses Hinnehmen von Erniedrigung und Schmerzen. Zu einem Leben widerständiger Liebe kann man nur in Freiheit gelangen. Dann kann Leiden ein Weg ins Leben sein.

Wortgottesdienst

Erste Lesung
Der Prophet ist zornig: Du bringst mich zur Verzweiflung, Herr! Herr, du warst es! Ich habe mich doch nicht freiwillig in lebensgefährliche und erniedrigende Situationen begeben. Nichts als Schmerz und Schmach, Hohn und Spott habe ich geerntet. Und doch - ich kann nicht anders. Dein Blick auf die Menschen ist mein Blick geworden. Deine Liebe zu ihnen wurde meine Liebe. Nun verlass dein Volk aber auch nicht, bleibe treu! Weil Jeremia - eigentlich ein machtloser Einzelner - sich ganz auf Gott und ganz auf die Menschen einlässt, weil er weder bei den Menschen noch bei Gott lockerlässt, darum kann es am Ende Hoffnung geben für das Volk Israel. Wie Jeremia ist jeder und jede von Gott gerufen, sich für die anderen einzusetzen und mit ihnen zu streiten. Dazu gehört manchmal auch der Streit mit Gott!

Zweite Lesung
In Christus ist allen Menschen Gottes rettende Liebe begegnet, verkündet der Apostel Paulus. Im Tun der Liebe, mit Leib und Leben, antworten die Getauften auf diese Leben spendende und Leben wendende Begegnung. Gottes Liebe dient den Menschen und nimmt sie zugleich in Dienst, in einen Dienst, der nicht knechtet, sondern frei macht - von jeder Macht, die Menschen klein macht.

Evangelium
Im Prinzip leuchtet es uns ja ein, dass Plasmafernseher und Aktienpakete im Augenblick des Todes eher nutzlos sind. Aber selbst in unseren westlichen Gesellschaften leben Reiche statistisch gesehen länger als sozial schlechter Gestellte. Und auf dem Rücksitz eines Taxis, so heißt es, weint es sich einfach besser als im Linienbus.  

Sein Leben einzubüßen, das meint im Evangelium nicht den medizinisch feststellbaren Tod. Es geht hier um die reale Möglichkeit, zu Lebzeiten das eigene Leben zu verfehlen. Rettung, sagt Jesus, liegt nicht da, wo wir sie vermuten, im sichernden Nehmen und im beruhigten Haben. Sie liegt anderswo, im unbesorgten Geben. Kön-nen wir das annehmen? Dann haben wir das Leben.

(Quelle: Messbuch 2008, Butzon & Bercker Verlag)