Kapitelsamt am ersten Fastensonntag aus dem Kölner Dom

"Religiöse Tankstellen"

domradio.de übertrug am ersten Fastensonntag das Kapitelsamt aus dem Kölner Dom mit Domkapitular Günter Assenmacher. In seiner Predigt las er das Fastenhirtenwort von Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki.

 (DR)

In seinem Fastenwort ermutigt Kardinal Woelki, ein "Segen zu sein" und sich von nichts und niemandem entmutigen zu lassen, wenn es darum geht, als Christ zu leben. Die österliche Bußzeit sei nicht die Zeit, in der Christinnen und Christen demonstrativ fasteten oder sich den Winterspeck abtrainierten. "Es ist vielmehr eine Zeit, in der wir uns besonders öffnen sollen für Gottes Wort und dessen Bedeutung – nicht nur für unser Leben, sondern auch für den Weg seiner Kirche in veränderter Zeit", heißt es in Woelkis Fastenhirtenwort.

In dem Fastenbrief kündigt Woelki zudem Reformen in den Gemeinden an. "Wir befinden uns in einer Zeit des Übergangs", heißt es dort. Aus der Gestalt des Christentums, die lange Zeit prägend gewesen sei, könne keine Norm für die Zukunft abgeleitet werden.

Zur Entlastung und Sicherung der Seelsorge plädiert Woelki für kleine Glaubensgemeinschaften, die im Nahbereich ihrer Nachbarschaft tätig werden und auf die andere aufmerksam werden. "Wir brauchen solche religiösen Tankstellen, um unser religiöses Leben vor Austrocknung zu bewahren." Mit solchen geistlichen Gemeinschaften würden sich die Seelsorgebereiche und Pfarreien zu pastoralen Räumen entwickeln, in denen karitative Einrichtungen, Kindertagesstätten oder kirchliche Schulen vernetzt sein werden. So bleibe Kirche vor Ort erlebbar.

Weiter verlangte Woelki eine Ausweitung des Blicks auf jene Menschen, die am Rande der Kirche stünden oder Gott nicht kennten. "Es darf uns doch nicht nur um die sieben bis zwölf Prozent derer gehen, die sonntags die Heilige Messe mitfeiern", so der Kardinal. "Vielmehr haben wir auch die anderen 85 bis 90 Prozent im Blick zu halten, und zwar so, dass diese innerlich beteiligt sind, mit Christus in Verbindung kommen und sich selbst als einen lebendigen Teil von Kirche erfahren."

Im Gottesdienst sang der Mädchenchor am Kölner Dom unter der Leitung von Oliver Sperling und Helena Wery. An der Orgel: Stefan Klösges.

Fastensonntage sind Herrenfeste

 

Im christlichen Festkalender geht die österliche Fastenzeit (Quadragesima) dem Osterfest voran, das durch das Konzil von Nicäa 325 auf den ersten Sonntag nach dem Frühlingsvollmond festgesetzt wurde. Ostern ist deshalb ein beweglicher Festtermin, der auf die Zeit zwischen den 22. März und den 25. April (Ostergrenzen) fallen kann. Der Termin der Fastenzeit ist "beweglich" und definiert sich im Verhältnis zu Ostern durch die Länge der Fastenzeit.

In Bezug auf das Fasten Jesu in der Wüste (Mt 4, 2) legte die Kirche die Länge der Fastenzeit auf 40 Tage und Nächte fest. Die in 40 Einheiten zu teilende Zeitspanne bezeichnet die erdzugewandte Vielfalt und kommt in der Bibel mehrfach vor: 40 Jahre wandern die Israeliten durch die Wüste (Ex 16,35), 40 Tage begegnet Moses Gott auf dem Sinai (Ex 24,18), 40 Tage wandert Elias zum Berg Horeb (1 Kön 19,8), 40 Tage fastet Jesus in der Wüste (Mt 4,2; Lk 4,2) und 40 Tage nach der Auferstehung (= Ostern) feiert die Kirche Christi Himmelfahrt (Apg 1,3).

Der Beginn der Fastenzeit liegt auf einem Mittwoch und das Ende der Fastnachtszeit auf dem Dienstag nach dem 6. Sonntag vor Ostern (Invocabit). Als die Synode von Benevent 1091 die Sonntage in der Fastenzeit als Gedächtnistage der Auferstehung Jesu vom Fasten ausnahm, rückte deshalb der Beginn der Fastenzeit um 6 (Wochen-) Tage vor. Die Fastnacht endet seitdem am Dienstag nach dem 7. Sonntag vor Ostern (Estomihi) und die Fastenzeit beginnt mit dem folgenden Mittwoch, dem Aschermittwoch. Jene, die ihre Fastnacht nach der alten Fastenordnung vor der Regelung in Benevent (1091) feiern, begehen die Alte Fastnacht (auch: Bauernfastnacht), die immer in die geltende Fastenzeit fällt. Zum Unterschied von der Alten Fastnacht wurde der der neuen Fastenordnung entsprechende neue Fastnachtstermin Herrenfastnacht genannt.

Die Fastenzeit gilt als gebundene Zeit, denn in dieser Zeit waren die Christen an Verpflichtungen gebunden: Die Pflicht zum Fasten, d.h. zum Verzicht auf Fleisch, Milchprodukte (= Laktizinien) und Eier, Mitfeier der Karwoche und der österlichen Gottesdienste, Teilnahme an der Osterbeichte.

Andere Namen für die österliche Fastenzeit oder Fastenquadragese sind: Quadragesima, Quadragena, Quarentana, Quadragesimum major, - ante pascha, tempus quadragesi-male, Großes Fasten, Lange -, jejunium longum, - quadragesimale, - paschale, jejunia.
(Dr.theol. Manfred Becker-Huberti, Köln)