Kapitelsamt am zwölften Sonntag im Jahreskreis

"Fürchtet Euch nicht vor den Menschen"

In seiner Predigt sprach Domkapitular Dominik Meiering über das Thema Furcht. Jesus schickte seine Jünger, um die frohe Botschaft zu verkünden. Dazu gab er ihnen zwei Botschaften mit auf den Weg.

Kölner Dom / © Ochlast (DR)
Kölner Dom / © Ochlast ( DR )

"Das erste und wichtigste, das er ihnen mitgab war: 'Fürchtet Euch nicht vor den anderen Menschen!‘", so Meiering. Es sei normal, dass sich Menschen voreinander fürchten – sei es unter Geschwistern, Kindern oder Arbeitskollegen.

"Wie viel mehr muss man sich dann fürchten vor Menschen, die man noch gar nicht kennt und denen man mit einer Botschaft kommen soll, die völlig neu ist – nämlich, dass Gott gegenwärtig ist in einem Menschen, dem Messias?"

Zuletzt habe man in der Corona-Zeit gemerkt, wie "furchtbar schwer" es war, sich zu isolieren und auf Abstand zu gehen. Das sei normal, da es sich um eine Veränderung handle und der Mensch ein "langsames Tier" sei und langsam lernte, sich in etwas Neuem sicher zu fühlen. 

"Das Himmelreich ist einfach da"

"Es ist wirklich eine herausfordernde Zeit, in der wir leben", so der Domkapitular. In genau diese Zeit passe Jesus Appell, sich nicht vor Menschen zu fürchten. "Meistens fürchtet man, dass Menschen mit einem ins Gericht gehen können, über einen reden und ihn physisch oder psychisch vernichten können." Das sei nicht unberechtigt, meinte Meiering. 

Doch Jesu Botschaft helfe: Denn die Verkündigung des Himmelreichs sei nicht zu unterdrücken, das Himmelreich sei "einfach da". "Egal, wer gegen Dich und Deine Botschaft kämpft, mach Dir keine Sorgen, fürchte Dich nicht vor den Menschen."

Auch die Kirche sei furchtsam geworden. Meiering wünschte sich mehr Mut. Es sei keine Option, dazusitzen und zu warten, wer "noch alles an Board bleibt" oder eine "Anti-Modernisten-Haltung" einzunehmen, nach dem Motto: "Am Ende werden die Rechtgläubigen schon dabei sein."

Ehrfurcht vor Gott

Jesus gab den Jüngern noch eine Botschaft mit: "Fürchtet Euch eher vor dem, der Seele und Leib in der Hölle verderben kann." Das sei eine Ermutigung, sie bedeute: "Habt Respekt, habt Ehrfurcht vor Gott".

Meiering erinnerte daran, dass im Judentum Gottesfurcht und Gottesliebe identisch seien. "Mit anderen Worten: Passt auf, dass Ihr Eure Gottesbeziehung nicht verliert." Furcht sei demnach, mit Augustinus gesprochen, eine Art Entfremdung von Gott. Dabei bedeute Gottesfurcht vielmehr Vertrauen zu haben.

Gottesdienst-Übertragung bei DOMRADIO.DE

DOMRADIO.DE übertrug am zwölften Sonntag im Jahreskreis das Kapitelsamt aus dem Kölner Dom mit Domkapitular Dominik Meiering. Als Kantor sang Eberhard Metternich. An der Orgel: Winfried Bönig

Aus dem Evangelium

"Was ich euch im Dunkeln sage, davon redet im Licht, und was man euch ins Ohr flüstert, das verkündet auf den Dächern!" (Mt 10,27)

Auslegung zum Sonntagsevangelium (Mt 10,26-33) 
von Johannes Chrysostomus

So wie er sagte: „Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen, und er wird noch größere vollbringen“ (Joh 14,12), so zeigt er auch hier, dass er alles durch sie [die Apostel] bewirken will, sogar mehr als durch sich selbst; gleichsam als ob er sagte: Ich habe den Anfang gemacht, aber was darüber hinausgeht, will ich durch euch vollbringen.

Aus: Magnificat. Das Stundenbuch. Juni 2020


Kölner Dom aus Sicht des Chorgestühls / © Gerald Meyer (Erzbistum Köln)
Kölner Dom aus Sicht des Chorgestühls / © Gerald Meyer ( Erzbistum Köln )

Domkapitular Dominik Meiering / © Tomasetti (DR)
Domkapitular Dominik Meiering / © Tomasetti ( DR )