Festhochamt aus dem Altenberger Dom - Predigt hier nachhören

20. Sonntag im Jahreskreis

domradio übertrug am 20. Sonntag im Jahreskreis das Festhochamt aus dem Altenberger Dom. Diözesanjugendseelsorger Pfarrer Mike Kolb war Zelebrant und Prediger - und feierte mit der Gemeinde das Patrozinium des Doms, nämlich "Mariä Himmelfahrt". An der Orgel hörten Sie Domorganist Rolf Müller. Er leitet die Schola Cantorum Altenberg sowie die Capella Nova.

 (DR)

Israel und die Völker, das Volk Gottes und die Heiden (oder die Neuheiden), Gläubige und Ungläubige, Kirche und Synagoge: Die Geschichte des Glaubens ist immer auch eine Geschichte der Gegensätze und Spannungen gewesen. Manches Mal entwickelte sich eine scharfe, feindliche, ja tödliche Abgrenzung zwischen den polaren Gegensätzen, aber dann gab es auch immer wieder Zeiten größerer Öffnung füreinander. Die Worte der Schrift an diesem Sonntag sind Dokumente von Augenblicken, in denen der Graben zwischen den Gegensätzen nicht vertieft wurde, sondern übersprungen wurde bzw. wo versucht wurde, ihn zu überspringen. Das fordert auch unseren Glauben an Gott den Schöpfer und Erlöser heraus.  Wo stehen wir in diesem Spannungsfeld?

Erste Lesung
Im Buch Jesaja sind Glaubenszeugnisse aus ganz verschiedenen Zeiten gesammelt. Das vorliegende Prophetenwort stammt aus der Zeit nach 520 vor Christus. Es war die Epoche des Wiederaufbaus von Jerusalem und seines Tempels - nach der Zerstörung Jerusalems (586 vor Christus) und der langen Periode des Exils in Babylon. Die Begegnung mit anderen Völkern im Exil hatte den religiösen Horizont mancher in Israel geweitet. Diese Kreise sehen den Tempel jetzt nicht mehr allein dem Volk Israel vorbehalten, er sollte vielmehr auch für die Völker offen sein - für die Menschen aus dem Heidentum, die einen Zugang gefunden hatten zum Glauben und Kult auf dem Berg Zion in Jerusalem. Eine interessante Öffnung des Horizonts schon in früher Zeit! Jesus wird sich auf dieses Wort vom Tempel als einem „Haus des Gebets für alle Völker" berufen ( Mt 21,13 par).

Zweite Lesung
Paulus legt  in Kap 9-11 des Römerbriefes seine Sicht der Heilsgeschichte dar. Er versucht zu verstehen, warum Israel, das auserwählte Volk, in seiner Mehrheit den Messias Jesus abgelehnt hat. Sein kühner Gedanke: Dadurch, dass Israel den Christus Jesus ablehnte, wurde der Weg frei für die Heidenmission (der sich Paulus in besonderer Weise widmete). Doch wie Gott die Heiden, die Ungläubigen, die „Unge-horsamen" zum Glauben an Jesus hat finden lassen, so wird er sich auch der „Ungehorsamen" im Volk Israel erbarmen und ihnen die Fülle des Heils nicht vorenthalten. Deshalb soll sich die Kirche aus den Heiden nicht über die Juden erheben. Beide stehen unter Gottes Gericht wie unter Gottes Erbarmen. Es hat 1900 Jahre ge-braucht, bis im Zweiten Vatikanischen Konzil die Kirche diesen respektvollen und gläubigen Blick auf das Judentum übernommen hat.

Evangelium
Das heutige Evangelium wirkt zunächst wie ein Schock. Ein ganz anderer Jesus tritt uns hier entgegen: einer, der nicht rund um die Uhr hilfsbereit ist, der sich nicht für alles zuständig fühlt, der das Wort „Hund" in Bezug auf die Heiden in den Mund nimmt, der sich an die Grenzen der damaligen theologischen Dogmatik hält: Das Heil ist zunächst für die Juden bestimmt, nicht für die Heiden. Aber hat dieser Schock nicht auch sein Gutes? Wenn Jesus Grenzen akzeptiert, dann dürfen doch auch wir Grenzen haben ... Das ist allerdings nur die eine Seite der Erzählung, denn die heid-nische Mutter in ihrer Not, mit ihrer Hartnäckigkeit und ihrer Glaubenskraft, bringt es fertig, dass Jesus bisherige Grenzen überschreitet, dass auch er lernt und die Tür zu den Heiden öffnet - ein im Blick auf die Folgezeit epochaler Schritt! Lernen wir von Jesus und von der Frau: Grenzen zu hinterfragen und, wenn nötig, um des Lebens und der Liebe willen auch zu überschreiten. Viel würde sich in unserem Leben, in der Ökumene der Kirchen, in unserer Gesellschaft ändern!


(Quelle: Messbuch 2008, Butzon & Bercker Verlag)