Kapitelsamt im Kölner Dom

Dritter Adventssonntag – Gaudete –

"Freut Euch zu jeder Zeit" heißt es am dritten Adventssonntag. Christen hätten einen besonderen, ewigen Grund zur Freude, betonte Domdechant Kleine. In seiner Predigte erklärte er, worin der bestehe und wie das überhaupt geht: sich freuen.

Kölner Dom / © Ochlast (DR)
Kölner Dom / © Ochlast ( DR )

"Freut Euch!" So heißt es am dritten Adventssonntag in der Lesung. Der Imperativ, dieser Befehl zur Freude, sei nichts, das einfach angeordnet und befohlen werden kann. Darauf hat Domdechant Robert Kleine in seiner Predigt hingewiesen. "Sich auf Befehl richtig zu freuen ist unmöglich, so wie man auch auf Befehl niemanden richtig lieben kann", stellte er fest. Anders sei das mit Jubel: Der könne angeordnet werden, etwa "wenn ein Diktator eine Jubeltruppe zu seiner Begrüßung braucht", merkte Kleine an.

"Freude ist etwas, das aus dem Herzen kommt, aus dem Innersten", sagte der Domdechant. Und dazu brauche es einen Grund. Wenn Paulus also sagt: "Freut Euch!" dann sei das mehr als Einladung und weniger als Befehl zu verstehen. "Nach dem Motto: Ich Paulus, ich wünsche mir, dass ihr Euch freut, denn dazu habt ihr wirklich allen Grund."

Freude, die dauert

Die Freude, von der Paulus berichte, sei "tragend" - ohne Auf und Ab, nicht kurzfristig und nicht vergänglich. Das bedeute aber auch: "Sie ist nicht unbedingt immer spürbar und in jedem Augenblick greifbar. Sie kann aber immer wieder neu aufflammen, weil sie auf einem dauerhaften, alles betreffenden Grund beruht und nicht auf einer erfreulichen Einzelheit", erklärte Kleine.

Mit einer solchen Freude könne man darum sogar Ärgernisse aushalten, befand der Domdechant. Es sei eine Einstellung, "die Lustlosigkeit und Null-Bock-Stimmung verscheuchen kann." Paulus ergänze das "Freut Euch" deswegen mit einem "zu jeder Zeit".

Was ist der Grund unserer Freude?

Damit die Freude dauert, müsse auch der Grund dafür dauern; und zwar bis über den Tod hinaus. Dieser Grund sei für Christen ganz klar, so Kleine: "Es ist der Herr selber. Es ist unser Glaube an einen Gott, dem wir nicht egal sind, in dessen Liebe wir aufgehoben sind." Das sei der Grund zur Freude für alle Christen, sagte Kleine.

"Deswegen sagt Paulus auch: Freut Euch jederzeit, im Herrn". Das Wörtchen "im" mache den Unterschied: Es sei keine Freude wegen oder aufgrund Gottes. Durch die Menschwerdung Gottes werde die Beziehung zwischen Gott und Mensch versöhnt und neu.

Christen sollen Freude zeigen 

Das sollte uns Christen auszeichnen: "Wir haben eine Zukunft bei Gott, die größer ist als Vergangenheit und Gegenwart, wir kennen die Erlösung." Das gelte es zu zeigen. An dieser Stelle zitierte Kleine den Philosophen Nietzsche: "Ich würde an die Erlösung glauben, wenn die Christen erlöster aussehen würden." 

Das bedeute nun nicht, jeder Christ müsse ständig lachend durch die Gegend laufen, betonte Kleine. "Nein, aber es muss einen Grund geben, der uns nicht resignieren lässt angesichts der Nachrichten, die uns tagtäglich aus den Medien entgegenkommen." 

Gottesdienst am dritten Adventssonntag

DOMRADIO.DE übertrug am dritten Adventssonntag das Kapitelsamt aus dem Kölner Dom mit Domdechant Robert Kleine. Es sang der Mädchenchor am Kölner Dom unter der Leitung von Oliver Sperling und Elena Szuczies. An der Orgel: Winfried Bönig

Der Eingangsvers des dritten Adventssonntages nimmt Worte aus dem Brief an die Philipper auf: 
"Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch! Denn der Herr ist nahe." (Phil 4,4–5)
Daher kommt auch der Name dieses Sonntags: Gaudete (Freuet euch). Mindestens die Hälfte des Advents ist nun schon vergangen. Die liturgische Farbe Violett hellt sich auf zu rosa. 

Über den Text des Sonntagsevangeliums (Lk 3,10–18), das von Johannes dem Täufer handelt, der das Volk ermahnt, die frohe Botschaft verkündet und auf Christus hinweist, schreibt Eugen Biser:

Da steht er nun vor uns, dieser gewaltige Bußprediger in seiner fast angsterregenden Größe. Und dieser Eindruck ist nur zu berechtigt; denn er verweist schon von der Erscheinung her auf die Botschaft dieses letzten der alttestamentlichen Propheten. Nach der Beschreibung des Evangeliums ist er mit einem Gewand aus Kamelhaar bekleidet und mit einem ledernen Gürtel angetan. Dem entspricht seine denkbar frugale Kost: Heuschrecken und wilder Honig. Doch das ist, wie bereits angedeutet, nur der bildhafte Hinweis auf seine Botschaft. Denn er denkt nicht daran, sich bei den Menschen dafür zu bedanken, dass sie ihm nach harten Fußmärschen hinein in die felsige Wüste am unteren Jordan gefolgt sind; vielmehr attackiert er sie mit den Worten: „Ihr Schlangenbrut, wer hat euch beigebracht, dem künftigen Zorngericht zu entgehen? Vollbringt nun würdige Werke der Umkehr!“ Damit hat er auch schon den Grundton seiner Botschaft angeschlagen; denn sie ist zwar nach Auskunft des Evangelisten Matthäus die Botschaft des unmittelbar bevorstehenden Gottesreiches, jedoch eines Reiches, das mit Feuer und Schwert einherkommt und sich als das Gottesgericht über die sündige Welt vollzieht, also eine Botschaft der Drohung und des Schreckens.

Unwillkürlich fragen wir uns: Was hat Jesus mit diesem Mann zu tun, den wir nach uralter Überlieferung als seinen Vorläufer bezeichnen? Die Antwort bleibt uns Jesus nicht schuldig. Er gibt sie, indem er die zusammengeströmten Volksscharen mit den Worten zur Rede stellt: „Wozu seid ihr in die Wüste hinausgezogen; wolltet ihr dort ein vom Wind bewegtes Schilfrohr sehen, oder gar einen in elegante Gewänder gekleideten Menschen?“ Das Schilfrohr kannten die Angesprochenen; denn es erschien auf den Münzen als Symbol des Herrschaftsgebietes des Landesherren Herodes. Im zweiten Fall gibt Jesus, um doch ja nicht missverstanden zu werden, die Erklärung selbst: „Prächtig gekleidete Menschen, die findet ihr doch am Königshof! Oder wolltet ihr am Ende einen Propheten sehen?“ Dann seid ihr am Ziel; denn der Täufer ist der Größte von allen Propheten. Dem fügt Jesus allerdings die abschwächende Zusatzbemerkung hinzu: „Doch der Kleinste im Gottesreich ist größer als er.“ Auf der einen Seite also uneingeschränkte Bewunderung; auf der andern dagegen eine nicht minder deutliche Distanzierung. Sie bezieht sich zunächst auf die große Zeitenwende, in der sich Jesus begriffen weiß. Mit Johannes geht eine Zeit zu Ende, die in ihm ihre letzte und eindringlichste Selbstdarstellung gefunden hat. Mit Jesus beginnt jene neue Zeit, von der der Apostel Paulus sagen wird: „Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade; jetzt ist er da, der Tag des Heils.“ Damit ist aber auch schon gesagt, dass sich der von Jesus markierte Unterschied vor allem auf die Botschaft bezieht.

Aus: Magnificat. Das Stundenbuch. Dezember 2018


Msgr. Robert Kleine, Stadt- und Domdechant / © Jörg Loeffke (KNA)
Msgr. Robert Kleine, Stadt- und Domdechant / © Jörg Loeffke ( KNA )

Mädchenchor am Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti (DR)
Mädchenchor am Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti ( DR )