Bischöfe sehen Ostern als Chance zur Veränderung - Kardinal Meisner: Ostern als "Gegenformel zu allen Ideologien"

Ostern in den deutschen Bistümern

Die Repräsentanten der großen Kirchen in Deutschland riefen in ihren Osteransprachen zu einem gesellschaftlichen Umdenken auf. Der Kölner Kardinal Meisner hat den Osterglauben als "Gegenformel" zu allen rein weltlichen Ideologien bezeichnet. Das Fest der Auferstehung Christi stehe für eine "regelrechte Explosion der Liebe Gottes" zu den Menschen, sagte er am Sonntag in seiner Osterpredigt im Kölner Dom. Der Augsburger Oberhirte Walter Mixa nannte einen aggressiven Atheismus als Gefahr für das Zusammenleben. Lesen Sie hier Berichte über die Predigten in den deutschen Bistümern (Auswahl).

 (DR)

Ostern stehe im Gegensatz zu jeder Weltanschauung, «in der der Mensch immer nur sich selber sucht und nicht über seine Welt hinauskommt».

Die Auferstehung Christi sei ein «Sprung in eine ganz neue Ordnung», die die ganze Menschheit betreffe, unterstrich der Erzbischof. So stelle Ostern das höchste christliche Fest dar. «Wenn es im Kirchenjahr ausfiele, wäre das Übriggebliebene fromme Riten und Gebärden, ohne Inhalt und ohne Ereignis», sagte Meisner. Gott sei in seiner Liebe zu den Menschen sogar so weit gegangen, dass sie Jesus das Leben gekostet habe. Die Auferstehung sei «nicht eine Realität, die erst nach unserem Tode kommt, sondern sie beginnt schon jetzt und hier in unserer Gemeinschaft mit Christus».

«Gier nach immer mehr» - Bischof Zollitsch kritisiert Manager Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, übte in seiner Osterpredigt scharfe Kritik an bestimmten Managern. Zollitsch sagte, viele derer, die in der Wirtschaftskrise Verantwortung getragen hätten, würden als moralisch und ethisch korrumpiert erlebt. «Von einer Gier nach immer mehr infiziert, lassen sie keinerlei Solidarität mehr erkennen mit den vielen Menschen, die tagtäglich ihre Arbeit verlässlich und verantwortungsvoll tun», sagte Zollitsch im Freiburger Dom. Ursprünglich habe das lateinische Wort «bonus» für gut und gerecht gestanden. «Eine Bonuszahlung für jene, die das, wofür sie einmal Verantwortung übernommen hatten, heruntergewirtschaftet und sogar an die Wand gefahren haben, ist aber eindeutig schlecht und ungerecht», sagte Zollitsch.

Bischof Mixa: Atheismus schuld an Leid
Der Augsburger Oberhirte Walter Mixa nannte einen aggressiven Atheismus als Gefahr für das Zusammenleben. Die Unmenschlichkeit des praktizierten Atheismus hätten im vergangenen Jahrhundert «die gottlosen Regime des Nationalsozialismus und des Kommunismus mit ihren Straflagern, ihrer Geheimpolizei und ihren Massenmorden in grausamer Weise bewiesen».

Bischof Genn warb für mehr Zuversicht
Der neue Bischof von Münster, Felix Genn, warb für mehr Zuversicht.
«Trauen Sie dem Auferstandenen, der schon einmal ein Grab besiegt hat, dass er auch unsere Leere mit seiner lebendigen Kraft neu füllen kann», sagte Genn am Ostersonntag im Sankt-Paulus-Dom in Münster. Aus diesem Vertrauen sollten Christen ihre innere Stärke beziehen. «Dann ergibt sich alles andere, die gesellschaftspolitischen Folgerungen aus dieser Botschaft von selbst», so Genn.
Erzbischof Marx kritisiert Materialismus und Egoismus

Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx hat einen ausufernden Materialismus und Egoismus in Wirtschaft und Gesellschaft kritisiert. In seiner Osterpredigt forderte er angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise eine Abkehr vom Streben nach Profitsteigerungen. Das menschliche Leben könne sich erst dann voll entfalten, wenn darin mehr gesehen werde als die immer neue Suche nach mehr Profit, sagte Marx am Karsamstagabend im Münchner Liebfrauendom.

Als Ursache der aktuellen Katastrophe nannte er eine falsche materialistische Orientierung. Der Gesellschaft gehe es heute vorrangig darum, materielle Zukunft, Gesundheit und Wünsche für das Leben auf Erden zu sichern. Es sei aber zu fragen, ob die Fixierung des Menschen auf materielle Bedürfnisse und sein eigenes Wohlergehen nicht in eine falsche Richtung führe. Der Einsatz für das ewige Leben spiele für die Gestaltung ds Lebens kaum eine Rolle, beklagte der Erzbischof. «Ohne die richtigen Wertmaßstäbe wird das menschliche Leben verkürzt» und so komme das ganze Gefüge «auf eine abschüssige Bahn», fügte Marx hinzu.


Paderborner Erzbischof Becker: Osterbotschaft gegen Endzeitstimmung setzen
Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker hat zu Ostern die Menschen aufgerufen, sich nicht von Resignation und Endzeitstimmung beherrschen zu lassen. Heute sei es unmodern geworden, von etwas anderem zu reden, als davon, dass alles zu Ende gehe, kritisierte Becker am Sonntag in seiner Osterpredigt im Paderborner Dom. Gegen diese Endzeitstimmung stehe jedoch der Osterglaube mit seiner Gewissheit, «dass es mit Jesus nicht zu Ende gegangen ist - obwohl die Menschen mit ihm Schluss gemacht haben», sagte er laut vorab verbreiteten Redetext.

Die Botschaft vom auferstandenen Jesus sei in der Lage, vom Bann der Angst zu erlösen, sagte Becker weiter. Damit solle nicht alle Angst weggewischt werden. Aber das «Grab der Resignation» könne aufgesprengt werden. Österliche Kraft zeige sich dort, wo Christen einander und anderen beistehen und sich einander im Glauben stärken würden, erklärte der Erzbischof. Diese Kraft sei auch dort zu spüren, wo Menschen «nicht nur mit dem Mund und auf dem Papier Partei ergreifen gegen die Totengräber der Menschenrechte».

Ostermesse in Mainz ohne Kardinal Lehmann: «Leider noch nicht» Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann (72) hat aus Gesundheitsgründen nicht den Festgottesdienst am Ostersonntag im Mainzer Dom geleitet. Seine Predigt wurde in der Messe von Weihbischof Werner Guballa verlesen. Darin äußerte Lehmann sein Bedauern, entgegen der ursprünglichen Planung «leider noch nicht» in Mainz zu sein. Die Ärzte hätten ihm geraten, die medizinisch notwendige Erholung nicht zu unterbrechen. Der Kardinal hatte Mitte März nach einer Darmoperation eine Kur angetreten.

Lehmann rief die Gläubigen in der Predigt auf, angesichts der Botschaft der Auferstehung ihre Einstellung zur Wirklichkeit zu verwandeln und sich Jesus zuzuwenden. Dieser rufe jeden einzelnen bei seinem Namen, «freilich meist leise und vielleicht unauffällig, aber unüberhörbar». Jenseits von Gewalt und Tod führe Jesus so in ein neues Leben. Der Ruf Jesu bedeute freilich nicht, dass die Menschen weltflüchtig werden dürften. Sie sollten ohne Furcht Friede und Freude, Hoffnung und Gerechtigkeit verkünden und durch ihr Leben in der Welt bezeugen.

Dem langjährigen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz war vor wenigen Wochen ein vorübergehender künstlicher Darmausgang entfernt worden. Im November 2008 war Lehmann wegen eines Darmdurchbruchs und einer Entzündung notoperiert worden. Der Mainzer Bischof hatte in den vergangenen Jahren mehrmals mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Daher gab er den Vorsitz der Bischofskonferenz im Februar 2008 ab.

Bischof Mussinghoff sieht Ostern als Chance zur Veränderung
Der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff hat das Osterfest als Chance zur Veränderung bezeichnet. «Ostern muss
heißen: Hier und jetzt kann etwas aufblühen in meinem dürren und eintönigen Leben», sagte er am Samstag in der Osternacht im Aachener Dom. Die Menschen könnten im Glauben an die Auferstehung Christi aus ihren «Gräbern der Angst, der Einsamkeit und Resignation» auferstehen, so der Bischof.

Ostern stehe dafür, dass die Menschen zwar viele Tode «der Beziehungslosigkeit, Ablehnung und Enttäuschungen» sterben müssten, sagte Mussinghoff. Doch das Leben, Sterben und Auferstehen Christi habe dem Verhältnis der Menschen zu Gott «einen neuen Grund» gegeben, so der zweite Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Ostern bedeute nicht nur, dass es ein Leben nach dem Tod gebe, sondern «das Leben hier wandelt sich».

Als Beispiel für Ostererfahrungen nannte Mussinghoff Stefan Zweigs Erzählungen über den Komponisten Georg Friedrich Händel, dessen 250. Todestag am Dienstag begangen wird. Händel sei danach durch Heilung in der Kurstadt Aachen und während seiner Komposition des «Messias» ein «Auferstandener» geworden. Der Bischof verwies auch auf den polnischen Pater Maximilian Kolbe (1894-1941), der im KZ Auschwitz für einen Familienvater in den Tod gegangen war. «Was Kolbe getan hat, ist Nachfolge Christi in radikaler Gestalt», sagte Mussinghoff.

Weihbischof Grave wünscht sich «österlichen Ruck»
Der emeritierte Essener Weihbischof Franz Grave hat Christen am Osterfest dazu aufgerufen, ihren Glauben stärker öffentlich zu bezeugen. Sie sollten «religiöser Unwissenheit und Ignoranz» in der Gesellschaft offensiv begegnen, sagte er am Ostersonntag im Essener Dom. Christen sollten nicht warten, bis sie gefragt oder gebeten würden, über den Glauben zu sprechen. «Der Zeuge wartet nicht auf kirchliche Anweisung, auf ein Wort von oben.»

Grave sprach sich dafür aus, dass ein «österlicher Ruck» durch die Christen gehen müsse. Er erinnerte dabei an die Apostel, die es nach der Auferstehung Jesu schnell zur Missionierung gedrängt habe. Katholiken sollten diesem Beispiel folgen. «Ist das zu viel verlangt?», fragte der frühere Essener Weihbischof in seiner Osterpredigt.

«Ob in einer Gesellschaft der Glaube an Jesus Christus eine Rolle spielt, ist zuerst eine Herausforderung der Glaubenden», unterstrich Grave. Es sei falsch zuerst zu fragen, warum die Zahl der Christen abnehme und warum «der Glaube so blass» sei. Im Vordergrund stehe vielmehr die Frage, wo die Gläubigen seien, die als Getaufte und Gefirmte Auskunft gäben.

Weihbischof Vorrath: Christen müssen ihren Glauben bekunden
Der Diözesanadministrators des Bistums Essen, Weihbischof Franz Vorrath, hat die Christen aufgerufen, ihren Glauben zu bekunden. Sie sollten andere Menschen spüren lassen, dass Christen «aus einer lebendigen Beziehung» zu Jesus lebten, sagte er in der Osternacht im Essener Dom. Dann erst seien sie «wahre Zeugen des Glaubens».

In einer Welt, die lückenlos aufgeklärt erscheine, wachse «die Sehnsucht nach dem nicht Fassbaren und Erklärbaren», so Vorrath. «Diese Unerklärlichkeiten geben unserer Welt etwas von dem Zauber zurück, den die wissenschaftliche Weltsicht ihr nahm.» Die Auferstehung Christi sei etwas Unfassbares. Sie sei ein Einbruch einer «geheimnisvollen Kraft mitten in unsere menschliche Gegenwart». Doch diese Begegnung mit dem Göttlichen sei nur möglich, «wenn unser Herz bereit ist, zu sehen und zu glauben», sagte der Weihbischof. Er hat die Leitung der Diözese Essen bis zur Ernennung eines neuen Bischofs übernommen. Der bisherige Ruhrbischof Felix Genn war im März nach Münster gewechselt.

Bischof von Limburg: Liebe zur Kirche bewirkt mehr Erneuerung als kränkende Kritik
Wo vom „Glaubenskrieg um Abwrackprämien" die Rede ist, stellt sich nach Ansicht von Bischof Dr. Franz-Peter Tebartz-van Elst (Limburg) an diesem Osterfest 2009 die Frage, „wo es den Glaubensmut zu Aufbruchwegen gibt." Die Grenzen menschlicher Machbarkeit in Wirtschaft und Politik seien nicht mehr zu übersehen, erklärte der Bischof in seiner Predigt am Ostersonntag (12.) im Dom zu Limburg. Er sagte: „Die Finanzkrise wird für viele zu einer Lebenskrise." Wo die Angst vor den Grenzen Menschen lähmt, wird Ostern nach den Worten von Franz-Peter Tebartz-van Elst zur Ermutigung, „dorthin zu schauen, wo die Kraft zum Aufbruch liegt".

Der Bischof von Limburg erinnerte in seiner Osterpredigt an die Worte des Engels zu den Frauen am Grab Jesu: „Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden; er ist nicht hier. Seht da die Stelle, wo man ihn hingelegt hatte" (Mk 16,6). Hier liege auch die Zukunft ihres Glaubens. Die Einladung des Engels mache Mut. Sie sei „kein Abgesang, sondern die Intonation von etwas Neuem". Franz-Peter Tebartz-van Elst sagte: „Es sind Worte, die Mut machen, die Gegenwart mit ihren Grenzen nicht schlecht zu reden, sondern im Zutrauen Gottes schon unsere neue Zukunft zu sehen". Jeder wisse, dass Töne der Ermutigung mehr Bewegung schaffen, als Worte, die alles in Frage stellen: „Die Geschichte zeigt, dass die Liebe zur Kirche mehr Erneuerung bewirkt als eine Kritik, die kränkt."

Huber sieht Anzeichen für neues Wertebewusstsein
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, sieht Anzeichen für ein neues Wertebewusstsein im Gefolge der weltweiten Finanzkrise. Wie die Frauen am Grab Jesu seien die Menschen wieder auf der Suche nach einem Grund, «der ihnen Sicherheit und Verlässlichkeit bietet», sagte Huber in Anspielung auf die biblische Auferstehungsgeschichte am Ostersonntag im Berliner Dom.

Der EKD-Ratsvorsitzende sprach von einer neuen Bewegung, die anderen Ziele als einem reinen Materialismus folge. «Das Denken in kurzfristigen Gewinnerwartungen und Quartalsberichten soll abgelöst werden von langfristigen Prognosen und von nachhaltigen Strategien», so Huber.

Die christliche Botschaft zeige Perspektiven zur Bewältigung der Krise auf, betonte der evangelische Berliner Bischof. Sie verhindere, «dass wir durch Angst gelähmt werden». Zugleich wandte er sich dagegen, nur wenige Einzelne für den Zusammenbruch der Finanzmärkte verantwortlich zu machen. Es gehöre zur christlichen Lebenshaltung, nicht andere zu Sündenböcken zu machen, sondern auch die eigenen Fehler einzuräumen.