Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Gott spendet Trost, auch wenn wir an der eigenen Kirche leiden

Schwester Katharina findet für sich einen Weg mit den vielen Missständen in der Kirche umzugehen. Inspiriert vom zweiten Brief des Paulus an die Korinther, will sie darüber diskutieren, protestieren und nichts unter den Teppich kehren.

Gottesdienstbesucher zünden Kerzen an / © Harald Oppitz (KNA)
Gottesdienstbesucher zünden Kerzen an / © Harald Oppitz ( KNA )

Ich bin Franziskanerin in Olpe und freue mich, dass wir jetzt hier zusammen beten. In der heutigen Lesung aus dem 2. Korintherbrief da stehen so Sätze, als wären sie für uns heute geschrieben. Da steht zum Beispiel: Gott tröstet uns in all unserer Not, damit auch wir die Kraft haben, alle zu trösten, die in Not sind, durch den Trost, mit dem auch wir von Gott getröstet werden. Wie uns nämlich die Leiden überaus reichlich zuteilgeworden sind, wird uns durch Christus auch überreicher Trost zuteil. Paulus argumentiert, dass all die Dinge, unter denen die Menschen, egal welchen Glaubens leiden, trotz allem in die Herrlichkeit Gottes führen werden und wir getröstet werden für all die Leiden. In meiner Zeit als Kind und Jugendliche in der DDR war das so ein Satz, den die Staatsbürgerkundelehrer gerne benutzt haben. Sie wollten uns Christen damit beweisen, dass das Christentum nur Vertröstung auf später auf den Himmel ist und sie deshalb nichts daran tun, die Verhältnisse zu verbessern. Da konnte ich als damals vielleicht 14- oder 15-Jährige getrost kontern, dass die vielen Einrichtungen der Kirchen für Kinder, Kranke, Alte und Behinderte aber genau das Gegenteil beweisen würden. Dass wir aber zurzeit sehr viel stärker an der eigenen Kirche leiden würden, konnte ich mir damals überhaupt nicht vorstellen. Wenn ich dieser Tage lese und höre, dass die Verbrechen eines späteren Kardinals Carrick in den USA auch anderen Amtsträgern und sogar Papst Johannes Paul II. und Benedikt XVI. bekannt waren und sie verschwiegen und vertuscht haben und dieser Mann trotzdem Karriere in der Kirche machen konnte, wird es mir echt übel. Unsägliche Verhaltensweisen und Verbrechen von Priestern, Bischöfen und anderen Amtsträgern der eigenen, meiner, Kirche machen immer neu atemlos, bestürzt, wütend und traurig. Wenn ich dann aber die Zusage im Brief des Paulus genauso auslege wie damals in der DDR, dann heißt das wieder nicht abwarten und auf den Himmel hoffen, sondern mich einsetzen. Gegen die vielen Missstände in meiner eigenen Kirche. Diskutieren und protestieren, meine Möglichkeiten nutzen und nichts unter den Teppich kehren. Und immer und jeden Tag für sie beten und für sie hoffen. Ich bin nämlich wie Paulus trotzdem überzeugt: Gott tröstet uns in all unserer Not, damit auch wir die Kraft haben, alle zu trösten, die in Not sind, durch den Trost, mit dem auch wir von Gott getröstet werden.

 


Quelle:
DR