Flucht, Vertreibung, Migration

Wenn es einem ans Leder geht

DOMRADIO-Bibel schaut in der zweiten Folge auf Flucht- und Verfolgungsgeschichten im Alten und Neuen Testament.

Festnahme eines Verdächtigen (dpa)
Festnahme eines Verdächtigen / ( dpa )

Schon immer mussten Menschen fliehen, weil sie um Leib und Leben zu fürchten hatten. Diese Flucht vor Versehrtheit wird auch in der Bibel in allen möglichen Facetten beschrieben. Die oftmals als "Auszug aus Ägypten" beschriebene Flucht der Israeliten vor dem Pharao und vor seiner Unterdrückung lässt sich auch aus dieser Perspektive betrachten. Deutlich werde hier die Macht Gottes, der sie zu Gunsten des Menschen einsetzt, nämlich um Feste zu feiern und sich zu freuen, der Macht des Pharao gegenüber gestellt, so Dr. Gunther Fleischer von der Erzbischöflichen Bibel- und Liturgieschule in Köln. "Zentraler Gegenstand dessen, was der Pharao will, ist arbeiten und zwar arbeiten bis zum Umfallen. Das geht durchaus auch über Leichen."

Ebenfalls um sein Leben zu fürchten hatte David, weil Saul von einem bösen Geist heimgesucht wird und David mit einem Speer an die Wand zu spießen versuchte. "Saul wird uns hier beschrieben als eine schwierige Gestalt, die wir heute als depressiv, vielleicht auch unter einer anderen psychischen Erkrankung leidend berzeichnen würden, die am Ende sogar in den Suizid führen wird", beschreibt Fleischer die Person des Königs Saul. Entkommen kann David letztendlich durch eine List seiner Frau Michal, die als Tochter Sauls zwar in einem Loyalitätskonflikt steht, die Verfolger ihres Mannes dann aber mit einer Götterstatue täuscht, die sie in sein Bett legt. Die Erzählung zeige auf, dass Geschichte nicht allein von Menschen in Gang gesetzt werde, sondern dass Gott immer seine Finger im Spiel habe. "Die Rettung erfolgt nicht durch die Götter- oder Götzenstatue, sondern durch den Plan der Michal, und hinter dem steckt kein anderer als Gott selbst. Es geht darum, dass David auf Gott setzt."

Prädestiniert für die Flucht vor Gefahr an Leib und Leben sind Propheten, weil deren Botschaften häufig nicht sehr schmeichelhaft sind. Auch Elija musste fliehen, hatte aber nach seinem Wettstreit mit den Baalspriestern diese mit dem Schwert umgebracht. "Elija ist derjenige, der sich dem Unternehmen des Königs Ahab, der meinte mit zwei Gottesvorstellungen gleichzeitig operieren zu können, entgegenstemmt", charakterisiert Gunther Fleischer den Propheten. In der Flucht des Elija sieht der Exeget eine Parallele zu Mose, der ebenfalls, nachdem er einen Ägypter erschlagen hatte, zum Berg Horeb geflohen ist, der damit eine Art Zufluchtsort für Totschläger wird. Doch Gott heißt damit das übereifrige Handeln der erwählten Personen nicht gut, sondern bremst diese aus. Sein Wesen ist nicht das des donnernden Vulkangottes, sondern gänzlich anders als es die Eiferer oftmals denken.

Die bekannteste Flucht des Neuen Testaments ist die der Heiligen Familie nach Ägypten, wie sie der Evangelist Matthäus beschreibt. "Das Unheil ist der Horizont, vor dem die ganze Menschwerdungsgeschichte bei Matthäus erzählt wird. Und dieser Unheilshorizont wird personalisiert in der Gestalt des Königs Herodes." Für Gunther Fleischer kommt hier wieder das "Ägypten-Motiv" zum Vorschein: Der Pharao hat einst ein Blutbad angerichtet und Kinder ermorden lassen. Jetzt tut dies Herodes.

Zu besprechende Texte:

- Ex 5,1-19

- 1 Sam 19,9-18

- 1 Kön 19,1-13

- Mt 2,13-15.19-23