Eine Eselsbrücke bauen

Sonntagsfrage: Woher kommt das?

„Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unsere neun Planeten“ - mit dieser Eselsbrücke schafft es jeder, die neun Planeten in der richtigen Reihenfolge aufzuzählen. Man muss sich nur an den Anfangsbuchstaben des Merksatzes entlang hangeln.

 (DR)

Eine Eselsbrücke ist im Wesentlichen ein Merksatz in Spruch- oder Reimform, eine Gedächtnisstütze, eine Lernhilfe, in älterer und nicht so wohlwollender Ausdrucksweise könnte man auch sagen: ein "Behelf für die Unwissenden".
Oder ein Hilfsmittel für Träge und Unbegabte, die einem Mühe und Arbeit ersparen.
Da liegt es doch nah zu sagen: Ein Esel soll derjenige sein, der solche Hilfsmittel benötigt oder verwendet.

Der störrische Hausesel

Der Equus asinus asinus, so die lateinische Bezeichnung des Hausesels, kommt bei den Menschen von alters her schlecht weg, obwohl er als Arbeitstier weit verbreitet war. Faul und störrisch soll er sein, dazu noch dumm und feige. Kein Mensch wäre je auf die Idee gekommen, eine Merkhilfe Pferdebrücke zu nennen, obwohl auch Pferde sehr eigenwillig daherkommen können.

Wo ein Pferd mit Anmut und Kraft über einen Graben oder Bach springt, steht ein Esel vor einem Problem. Und das lässt sich trefflich auf die Menschen übertragen. Der schlaue Mensch oder Schüler - das eine schließt das andere natürlich nicht aus - begreift und merkt sich etwas sofort und ohne Mühe, wo ein nur mäßig begabter vor einem kaum zu überwindenden Hindernis steht. Also besser eine Eselsbrücke bauen, als gar nicht weiterkommen.

Bedeutungswandel

Allerdings war eine Eselsbrücke nicht immer etwas, das eine Sache einfacher machen soll. Der Begriff steht erst seit etwa 100 Jahren für eine Hilfestellung. Vorher bezeichnete dieses "Bauwerk" das komplette Gegenteil. Die Eselsbrücke wurde damals nicht als eine Hilfe verstanden, um ein Hindernis zu überwinden, sondern sie selbst war das Hindernis.

Der zugrundeliegende Gedanke war, dass es ein Ding der Unmöglichkeit sein soll, einen wasserscheuen, störrischen, letztlich dummen Esel durch einen Bach oder gar Fluss zu führen. Das Langohr weigert sich, weil es wegen der spiegelnden Wasseroberfläche nicht erkennen kann, wie tief das Wasser ist, und die Instinkte ihm Gefahr signalisieren. Man muss sich also eine Brücke in der Umgebung suchen oder selbst auf die Schnelle eine zimmern, um doch noch ans Ziel zu gelangen.