Gustav Mahlers Auferstehungssinfonie

"Aufersteh’n, ja aufersteh’n wirst du“

Passend zum heutigen Tag wird in Cantica die so genannte "Auferstehungssinfonie" von Gustav Mahler vorgestellt. Dieser Beiname hat sich für die Sinfonie Nr. 2 in c-moll eingebürgert.

Ostern (dpa)
Ostern / ( dpa )

Allerdings stammt er nicht von Mahler selbst. Der Grund für den Beinamen liegt in der textlichen Basis der Sinfonie. Im 5. und damit letzten Satz vertonte Mahler das Gedicht "Die Auferstehung" von Friedrich Klopstock. "Aufersteh’n, ja auferstehn wirst du" – diese Gewissheit drückt Mahler in dem Werk mit seiner ganz eigenen Musiksprache aus.

Der erste Teil des letzten Satzes ist noch rein instrumental gehalten. Erst im zweiten Teil des letzten Satzes treten die Sopran- und Altsolisten sowie der Chor hinzu, interpretieren die Verse des Gedichtes. Die Gewissheit, dass mit dem Tod nicht alles vorbei ist, drückt Mahler gekonnt in großer Besetzung aus. Solisten, Chor sowie ein großes Orchester mit Fernorchster interpretieren eindrucksvoll die Verse von Klopstock.

Auch wenn die Musik eine große Hoffnung auf die Auferstehung ausdrückt, ist Mahlers persönliche Haltung gegenüber der Religion ambivalent. Er wurde jüdisch erzogen, später lies er sich katholisch taufen. Ein Grund war der Antisemitismus ihm gegenüber, über den er sich in einem Brief beklagte. Er stand allerdings naturreligiösen Ansichten ebenso offen gegenüber wie der christlichen Vorstellung von der Auferstehung der Toten, die die Sinfonie Nr. 2 explizit thematisiert. Doch trotz des Beinamens „Auferstehungssinfonie“ geht es in der Sinfonie nicht ausschließlich um das Ewige Leben. Das Werk umfasst einige religiöse Themen und hat eine langwierige Entstehungsgeschichte, da Mahler als Dirigent und Theaterleiter nur in den Sommerferien Zeit fürs Komponieren hatte. Zu Beginn der Entstehungsphase 1888 überschrieb Mahler den ersten Satz mit Totenfeier. Der dritte Satz paraphrasiert rein instrumental einen Text aus Des Knaben Wunderhorn. Das ist eine Sammlung von Volksliedtexten, die Clemens von Brentano und Achim von Arnim zusammengestellt hatten. Im dritten Satz entnimmt Mahler daraus eine Erzählung, in der der heilige Antonius den Fischen eine Predigt hält, weil von den Menschen niemand zuhören will. Geschickt stellt Mahler mit fließenden Bewegungen das Wasser und die Fische dar, zugleich zeigt sich in der Musik das Absurde der Situation.

Der vierte Satz der Sinfonie greift erneut auf die Textsammlung Des Knaben Wunderhorn zurück. Thema ist der Wunsch des Menschen, nach seinem Tod bei Gott zu sein. Es war schließlich die Totenfeier für den damals berühmten Dirigenten Hans von Bülow, die Mahler auf das Thema Auferstehung brachte und ihn zum 5. Satz der Sinfonie inspirierte und das Werk nach insgesamt 6 Jahren 1894 abschließen lies. Mahler zeichnet in diesem Satz zunächst die Schrecken des Jüngsten Gerichtes nach, ehe sich immer mehr die Gewissheit durchsetzt, dass der Mensch nach seinem Tod weiter lebt. Trotz der langen und komplizierten Entstehungsgeschichte der Auferstehungssinfonie nimmt sie schon vieles von Mahlers späteren Sinfonien vorweg, nicht nur die Länge von über 80 Minuten. Er vergrößerte das Orchester, erhöhte die Anzahl der Sätze und erschuf eine ganz eigene Musiksprache, die über das damals Übliche und Vertraute hinweg ging. Auch deshalb kam die Sinfonie Nr. 2 nicht gut bei den Zeitgenossen an; Mahler überforderte mit seinen zahlreichen Neuerungen die Zuhörer. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erfuhr die Auferstehungssinfonie die nötige Anerkennung als wegweisendes Werk am Ende des 19. Jahrhunderts.

(Erstsendedatum: 05.04.2015, Wiederholung am 27.03.2016)