"Medienpater" Paulus würdigt römisches Medienprogramm "Communio et Progressio"

"Prophetisches Papier"

Vor 40 Jahren wurde unter dem Einfluss des Zweiten Vatikanischen Konzils das Papier "Communio et Progressio" veröffentlicht, ein Papier über das Verhältnis von Kirche und Medien. Und eines, das bis heute Gültigkeit hat, wie der Kapuziner Paulus Terwitte im Interview mit domradio.de sagt.

 (DR)

domradio.de: 40 Jahre ist dieses Papier "Communio et Progressio" alt. Ist das Papier also Schnee von gestern?

Terwitte: Nein, das Papier ist ganz prophetisch. Wenn man sieht, dass da vor allen Dingen davon die Rede ist, dass Unwissenheit und Mangel an gutem Willen den Gebrauch der Medien auch ins Gegenteil verkehren können, haben wir gerade in den letzten Wochen wieder gesehen, dass für Leute, für die eigentlich eine Unschuldsvermutung gelten müsste, plötzlich in die Medien gezerrt werden, als wäre sie schuldig. Da haben Medien eine Verantwortung, die heute aktueller denn je ist.



domradio.de: Wie steht es denn um die Gesprächs- und Debattenkultur, die in dem Papier eingefordert wird?

Terwitte: Wir leben ja Gott sei Dank in der westlichen Welt in einer Debattenkultur der Medien, die man wirklich unter Pressefreiheit verbuchen kann. Wir haben verschiedene Medien - das ist längst noch nicht überall der Fall: Wenn man nach China schau oder nach Nordkorea, da gibt es noch große Regionen in dieser Welt, in denen das, was dieses Programm fordert, noch längst nicht verwirklicht worden ist. Da habe ich den Eindruck, da können und müssen wir auch immer wieder darauf hinweisen, dass Pressefreiheit ein hohes Gut ist. Und die Kirche tritt dafür ein.



domradio.de: Wie bewerten Sie da die Entwicklung der sozialen Foren im Internet, allen voran Facebook?

Terwitte: Die sozialen Foren bieten eine gute Möglichkeit, dass Menschen sich beteiligen können an Debatten. Man sieht aber auch, dass das natürlich sehr leicht überfordert, wenn man 50, 80 Debattenbeiträge lesen muss; irgendwann wird man dessen auch müde und braucht wieder jemanden, der verantwortungsvoll diese Debattenbeiträge zusammenfasst und auch Tendenzen ausmacht. Es braucht diese Debattenkultur, gut, dass es die Möglichkeit gibt in den verschiedenen sozialen Netzwerken. Und andererseits brauch es verantwortungsvoller Sammler dieser Beiträge, die das richtige herausfiltern.



domradio.de: Was nehmen Sie als Kapuzinerpater ganz persönlich für ihre Arbeit aus der "Communio et Progressio"?

Terwitte: Die schönste Formulierung ist für mich, Jesus war der große Kommunikator, er ist das Medium Gottes für diese Welt. Und wir selber haben allen Grund, in den Medien zuhause  zu sein und mit den Medien die frohe Botschaft zu den Menschen zu bringen.



domradio.de: Kirche sagt man ja immer ein bisschen nach, sie hinke mit der Entwicklung der Zeit hinterher. Ist das auch so, in Sachen Medien. Was müsste Kirche in Sachen Medien und Mediennutzung denn aufholen?

Terwitte: Dieser Meinung bin ich nicht. Wenn man Radio Vatikan anschaut und sieht, was in den verschiedenen Ländern auch an kirchlichen Programmen möglich ist, ist die Kirche mit der Nase ganz weit vorne. Wir haben Internetportale, Austauschportale, da wird schon sehr viel getan, Menschen werden vorangebracht. Gerade im deutschen Gebiet können wir von Spanien, Italien und Frankreich lernen könnten und uns vielleicht doch trauen sollten, ein eigenes Fernsehprogramm auf die Beine zu stellen, das den Menschen die Möglichkeit gibt, jeden Tag 24 Stunden lang in eine offene Kirchentür einzutreten und dort kennen zu lernen, wie dort Katholiken denken, glauben und handeln



domradio.de: Wenn es ein neues "Communio et Progressio" gäbe, was müsste ergänz werden?

Terwitte: In diesem Papier müsste stehen, dass wir eine Aufgabe haben, in den Medien zu arbeiten, die es in dieser Welt gibt, dass es der Auftrag der Getauften ist, in allen Bereichen der Medien ganz aktiv aufzutreten. Das Institut zur Förderung des publizistischen Nachwuchses (IFP) ist ja auch eine Frucht von "Communio et Progressio", man wollte Journalisten ausbilden, die in den verschiedenen Zeitungsredaktionen tätig sind. Und heute müsste das mehr denn je ausgeweitet werden auf Programmtechniker, auf Internetseiten-Gestalter, auf Menschen, die auch die Technik der Medien bedienen. Denn wie die Technik ist, so werden die Medien schließlich auch.



Das Gespräch führte Christian Schlegel.