Walter Filz über die Wahrheit des Kölner Karnevals

'Mein Vater war ein Prinzen-Gardist'

Karlheinz Filz war ein einfacher kölscher Prinzen-Gardist am Rande des Geschehens. Doch was er im Laufe der Jahrzehnte an Karnevals-Souvenirs gesammelt hat, ist erstaunlich. Sein Sohn Walter Filz hat die Karnevalssammlung geerbt und setzt der Leidenschaft seines Vaters ein Denkmal. 'Es ist noch Känguruschwanzssuppe da. Die Wahrheit über den Kölner Karneval aufgrund der Beweismittel meines Vaters' heißt sein Buch.

Walter Filz / © Monika Maier (Greven)
Walter Filz / © Monika Maier ( Greven )

Die 'Känguruschwanzsuppe' gibt es wirklich. Die Suppe im Titel seines Buches sei keine Metapher, erzählt Walter Filz. Auf einer Speisekarte vom Galaessen des Kölner Prinzen von 1962 habe er diese besondere Suppe gefunden. Wahrscheinlich aus der Dose, von weit her. Walter Filz hat die volle kölsche Dosis Karneval schon als kleines Kind mitbekommen. Sein Vater war leidenschaftlicher Prinzen-Gardist. In der Karnevalszeit zog er Abend für Abend in der Gardeuniform und mit dem geschulterten Holzgewehr in den Karneval. "Man wächst wie jedes Kind so auf, als sei das alles selbstverständlich", sagt der Sohn Walter Filz. "Der Vater ist bei Beginn der Karnevalssession jeden Abend verschwunden und am nächsten Tag kam er dann wieder und auf dem Wohnzimmertisch lagen dann Karnevalsorden, die er offenbar über Nacht irgendwie bekommen hat." Das habe auch etwas Wundersames gehabt, so Filz weiter. Der Vater sei verschwunden, sei wiedergekommen und hat plötzlich ganz tolle, bunte Dinge mitgebracht.

Karneval im Fetenkeller

Mit so einem Gardistenvater war es natürlich selbstverständlich, dass Sohn Walter in die Kindergruppe der Prinzengardisten aufgenommen wurde. "Als Kind selber, eine Uniform tragen zu dürfen, also mit fünf oder sechs Jahren schon, das ist einfach nur ganz, ganz toll", schwärmt Filz. Später, in der Pubertät, grenzte Walter sich von der Karnevalsfolklore des Vaters ab. Was die Erwachsenen machen, das sei doch immer spießig. Zur Karnevalssitzung zu gehen, das ging gar nicht. "Gleichzeitig gab es natürlich auch Karneval im eigenen Fetenkeller", erinnert sich Filz. "Da war der Karneval weniger eine Traditionsveranstaltung, sondern eine wunderbare Gelegenheit Mädchen kennenzulernen. Also der simple Sinn des Karnevals ohne jede Brauchtumsvorstellungen."

In seinem Buch erzählt Walter Filz davon, wie er als Kind und Jugendlicher die Karnevalswelt seines Vaters erlebte. Die Bilder in seinem Buch zeigen die Karnevalsorden der verschiedenen Jahrzehnte. Früher wurde auf diesen Orden immer eine Art Bilderwitz erzählt. Sein Vater hat ungezählte bunte Orden gesammelt, dazu Püppchen, Schals, Fotografien und Dokumente. Im Elternhaus von Walter Filz gab es zwei Karnevalszimmer, die bis unter die Decke mit den Souvenirs der fünften Jahreszeit gefüllt waren. Viele recht provisorische Vitrinen dienten zur Aufbewahrung, so auch ein Aquarium. Der Fotograf Boris Becker hat die Karnevalszimmer für das Buch aufgenommen.

Damals war der Karneval viel kärglicher

Mit dem Untertitel 'Die Wahrheit über den Kölner Karneval aufgrund der Beweismittel meines Vaters' beschreibt Filz, ironisch gebrochen natürlich, das Programm seines Buches. Die Wahrheit des Kölner Karnevals schillert dabei so bunt wie das Buchcover. Sie ist eine Herzenssache, viel mehr als ein Hobby, eine jecke Leidenschaft und sie verändert sich ständig. Sehr lebendig und anschaulich beschreibt Filz, wie der Karneval von den sechziger Jahren bis heute sein Gesicht geändert hat. "Man muss sich zuerst einmal von dem Bild lösen, dass es früher bunt war", erzählt Filz. "Die Menschen waren damals nicht verkleidet. Wenn man alte Bilder vom Rosenmontagszug sieht, dann fällt auf, dass die Menschen damals allenfalls ein kleines Hütchen auf dem Kopf hatten, eine bunte Krawatte oder ein Herzchen auf die Wange gemalt." Den Kneipenkarneval, so wie wir ihn heute kennen, gab es in den sechziger und siebziger Jahren auch nicht und die Karnevals-Hits waren bei weitem nicht so abwechslungsreich und prägend wie heute. "Damals gab es ein paar wenige Karnevalsschlager. Keine Bläck Fööss, kein Kasalla. Da ging es viel kärglicher zu", sagt Filz. Im Grunde wurde auch mit der neuen Karnevalsmusik der Kölner Karneval gerettet. Denn in den siebziger Jahren verharrte man in den alten, längst nicht mehr zeitgemäßen Sitzungs-Brauchtumsformen. "Das wurde damals zunehmend für den Karneval ein großes Problem, dass man merkte, wir sind da aus der Zeit gefallen", sagt der Karnevalsexperte Filz. "Wenn das so weiter geht, dann bleiben wir für uns und sterben aus."

Das ist zum Glück nicht geschehen. Der Karneval lebt, er lebt dramatisch, grell, laut und bunt. "Der Kölner Karneval hat sich zu einer Partykultur entwickelt, die überregional, ja international ist", stellt Filz fest. "Wenn der Kölner Karneval inzwischen das Image hat, hej, das ist ja eine wunderbare Party, wo wir uns die Kante geben und völlig ausgelassen sind und keine Regeln kennen, dann ist das halt so, dann hat man eine Menge Tourismus, aber ich fürchte ohne diesen Tourismus und ohne die vielen Menschen, die kommen und von den Traditionen des Brauchtums keine Ahnung haben, gäbe es auch den Karneval nicht so."


Rosenmontag in Köln / © Maja Hitij (dpa)
Rosenmontag in Köln / © Maja Hitij ( dpa )
Quelle:
DR