Ute Wegmann über ihr Kinderbuch "Toni"

Evangelische Enten und ungetaufte Hühner

"Es geht in dem Buch darum, für unsere Umwelt zu sensibilisieren – dazu gehören Natur und Tiere, aber auch der sensible Umgang miteinander", sagt Ute Wegmann im domradio.de Interview. In ihrem neuen Kinderbuch "Toni" schildert sie die Erlebnisse eines Mädchens, das Ferien bei der Oma macht und dabei entdeckt, dass die Welt komplizierter ist, als es auf den ersten Blick scheint.

Ute Wegmann / © Thekla Ehling
Ute Wegmann / © Thekla Ehling

Toni steht an der ersten Schwelle zum Erwachsenenleben. Das Mädchen beginnt zu spüren, dass das Leben Brüche hat. Tonis Mutter ist krank, damit beginnt das Buch. Ute Wegmann deutet das nur sensibel an. Tonis Mutter muss operiert werden, und Toni muss deswegen zur Oma aufs Land. "Die beiden haben aber ein sehr gutes Verhältnis", sagt die Autorin, "und obwohl Toni am Anfang sehr ärgerlich ist, weil es in dem kleinen Dorf keine anderen Kinder in ihrem Alter gibt, freut sie sich dann doch auf die Zeit, und sie lernt dort die Tiere des Nachbarbauern kennen, sie besucht die Tiere häufig und tauft sie dann auch".

"Katholisch, evangelisch oder gar nicht"

Toni schätzt und schützt Tiere. Und wir erfahren auch, warum die ungetaufte Toni, die Hühner und das Schaf des benachbarten Bauern tauft. "Eltern, die an einen Gott glaubten, tauften ihre Kinder. Klare Sache", so beginnt das Kapitel ´Katholisch, evangelisch oder gar nicht´ und weiter heißt es da. "Es gab eine Feier, Geschenke, ein schönes Kleid. Und einen Namen. Toni wußte nicht, wann und wie ihre Eltern ihr den Namen gegeben hatten, denn sie war nicht in der Kirche getauft. … Sie erinnerte sich an die Taufe von Vivis kleiner Schwester: mit geweihtem Wasser, bestickten Leinentüchern und feierlichen Worten. … Den Tieren Namen geben, die Tiere taufen, die Idee gefiel ihr. Aber ohne Religion. Von katholischen Hühnern hatte sie noch nie gehört. Auch nicht von evangelischen Enten. Man brauchte also duftendes Wasser und ein edles Tuch und Namen, … ". Ute Wegmann schreibt in ihren Büchern über Religion aus der Perspektive der säkularisierten Gesellschaft. Sie schreibt über Taufe oder auch über die Seele. Das sind behutsame niederschwellige Annäherungen an scheinbar vergessene Welten.

Die Vielschichtigkeit des Lebens begreifen lernen

Ganz Wichtig für Toni ist ihre Großmutter, eine rüstige Frau, die gern Sportwagen und Autoscooter fährt, und die sich im Dorf um alle rührend kümmert. "Die Großmutter hat sich entschlossen, nachdem die Bäckerei im Ort geschlossen hat, für die alten Leute zu backen, weil der Weg vor allem im Winter zur nächsten Bäckerei viel zu weit ist," charakterisiert Ute Wegmann die Oma von Toni. "Sie ist ein unglaublich sozialer und kommunikativer Mensch". So könnte alles auf dem Land seinen friedlichen, harmonischen Gang gehen, und Toni einfach nur schöne Ferien bei ihrer Oma erleben. Wäre da nicht der muffige Bauer in der Nachbarschaft. "Irgendwann wird es dramatisch in der Geschichte, weil Toni ein Telefonat mithört und meint, dieser Bauer, der der Muffkopf genannt wird, würde die Tiere verkaufen", erzählt Ute Wegmann. "Toni startet daraufhin eine Aktion, diese Tiere zu retten". Ob es Toni gelingt, die Tiere vor dem Schlachter zu retten, verraten wir natürlich nicht. Nur soviel: es gibt eine Tierentführung, Antonio, ein kleiner Junge aus Italien, wird auftreten und Toni beistehen. Obwohl er ihr zu Beginn der Geschichte eher fremd erscheint, wie alles in dem Kinderbuch vielschichtiger ist, als man es auf den ersten Blick vermutet. "Es geht in meiner Geschichte auch darum, dass jeder Mensch zwei Seiten hat – es gibt eine vordergründige und eine hintergründige, tiefgründige Seite", betont die Autorin, "und es geht auch um Achtsamkeit, das heißt, wie gehen wir miteinander um. Die Großmutter, die Brote für ihre Nachbarn backt. Das sind lauter kleine Aspekte, die mir sehr, sehr wichtig sind".