Ulrike Almut Sandig über ihr "Buch gegen das Verschwinden“

"Nichts verschwindet wirklich“

"Wir werden alle verschwinden und so absurd das ist: ich bin dagegen“, sagt Ulrike Almut Sandig im domradio.de Interview. Ihr "Buch gegen das Verschwinden“ erzählt auch von den Versuchen, das Verschwinden aufzuhalten – und wie Geschichten uns vor der Urangst retten können, dass alles verschwindet.

Ulrike Almut Sandig / © Ludwig Rauch
Ulrike Almut Sandig / © Ludwig Rauch

In Ulrike Almut Sandigs Erzählungen verschwinden Dinge, die Liebe zwischen zwei Menschen verschwindet, die Liebsten verschwinden, Menschen, wir selbst, verschwinden. "Wir können das Verschwinden nicht aufhalten“, weiß Ulrike Almut Sandig und doch hört sie in sich eine Stimme, die sagt: "Nichts verschwindet wirklich. Alles ist immer da“. Das sei ein bisschen wie mit Gott, vermutet die Autorin, dass er durch sein Fehlen existiere: "Durch seine Abwesenheit, durch seine Unsichtbarkeit und durch sein eindeutiges Fehlen in bestimmten Situationen bemerken wir doch erst – oder kommen auf die Idee, dass da etwas sein könnte – ein Prinzip oder so etwas, ich weiß es nicht, und so mag es auch mit der Welt selber sein.“

Das "Buch gegen das Verschwinden“ lotet auch das Verhältnis von Wirklichkeit und Fiktion aus. "Indem wir unser Leben ständig neu interpretieren und die Perspektiven wechseln, indem wir uns unser Leben erzählen, schaffen wir neue eigene Wirklichkeiten“, sagt Sandig. Ihre Erzählungen gegen das Verschwinden sind traurig anrührende Geschichten, aber nicht nur das, sie sind oft zum Lachen komisch, denn "die richtig traurigen Sachen kann man eigentlich nur mit einem kleinen Schmunzeln erzählen. Das hat mit der Traurigkeit bestimmter Dinge zu tun, die anders als mit einem lachenden Auge nicht erzählbar sind“, sagt die Autorin.