Selim Özdogan über sein Buch "Wieso Heimat, ich wohne zur Miete“

Was ist eigentlich kulturelle Identität?

"Kultur ist eine Konstruktion“, sagt Selim Özdogan gegenüber domradio.de, "und die Frage nach kultureller Identität ist auch eine Ausweichstrategie, um von der Komplexität des Daseins abzulenken.“ In seinem Buch "Wieso Heimat, ich wohne zur Miete“ beschreibt der Autor, wie vielschichtig Identität heute sein kann.

Selim Özdogan / © Tim Bruening
Selim Özdogan / © Tim Bruening

"Wenn man so aufwächst wie ich, macht man auch Erfahrungen von Ausgrenzung“, erzählt Özdogan, der deutsch-türkische Eltern hat und zweisprachig aufgewachsen ist: "Das heißt auch, dass ich diese Stadt, in der ich aufgewachsen bin, nicht so richtig als Heimat bezeichnen kann“. In seinem neuen Buch "Wieso Heimat, ich wohne zur Miete“ schickt der Kölner Autor seinen Romanhelden Krishna Mustafa auf die Reise in die Türkei, um seine Identität zu finden. Der Romanheld ist Sohn einer deutschen Mutter und eines türkischen Vaters und lebt in Freiburg. Als seine Freundin ihn verläßt und ihm vorwirft, er habe sich nie mit seinen Wurzeln befasst, bricht er auf, um seine Identität zu finden. "Er weiß zunächst nicht einmal so richtig, wonach er sucht“, erzählt der Autor, "aber er hat diese Bilder im Kopf, die ihm eingeimpft worden sind, und er findet in der Türkei die Entsprechungen nicht“.

Witzig und klug räumt Selim Özdogan in seinem Buch mit kulturellen Verallgemeinerungen und Vorurteilen auf. "In meinem Buch geht es um die kulturellen, religiösen und ethnischen Zuschreibungen, mit denen der Romanheld zu kämpfen hat“, sagt Özdogan, "das ist aber kein Entwicklungsroman. Da passiert eigentlich nichts – er hat nur das Gefühl, dass die Türkei und die äußeren Zuschreibungen einer türkischen Identität ihn nicht treffend beschreiben“. Der Begriff „kulturelle Identität“ werde heute oft benutzt, um andere Menschen auszugrenzen. "Sobald wir es geschafft haben, eine Gruppe als anders, als wir es sind, darzustellen, öffnet man die Tür für sehr viel Grausamkeit. Da geht Empathie verloren, da fange ich an zu sagen, das ist nicht ein Mensch genau wie ich, sondern der ist grundsätzlich anders“, sagt Özdogan.

Im domradio Interview spricht der Autor auch über seine Erfahrungen, die er 2014 als Künstler-Stipendiat der Stadt Köln in Istanbul gemacht hat und über die politisch schwierige Situation in der Türkei.

Am Donnerstag, den 25. Februar um 19 Uhr 30, stellt Selim Özdogan seinen Roman "Wieso Heimat, ich wohne zur Miete“ im Kölner Literaturhaus am Gr. Griechenmarkt 39 vor.


Selim Özdogan / © Tim Bruening
Selim Özdogan / © Tim Bruening