Raoul Schrott über sein Epos "Erste Erde"

Vom Urknall zum menschlichen Leben

"Jeder Wissenschaftler weiß, dass das, was er entdeckt, nie der Dinge letzter Schluss ist", sagt Raoul Schrott im domradio.de Interview, "das große Rätsel bleibt immer noch da". In seinem Buch "Erste Erde / Epos" erzählt der österreichische Autor vom Urknall, von der Entstehung unseres Sonnensystems, der Erde und des Mondes, von der Entstehung des Lebens.

Raoul Schrott / © Peter-Andreas Hassiepen
Raoul Schrott / © Peter-Andreas Hassiepen

"Ich bin jetzt 52 Jahre alt. Bevor ich den Löffel abgebe, wollte ich wissen, was das rund um mich ist?" fragt Raoul Schrott, "was man darüber weiß, wie das zustande gekommen ist, warum ich die Nase vorne habe, warum die Pflanzen grün sind? All diese Dinge wollte ich beantwortet haben". So hat der Autor sich daran gemacht, die Welt zu verstehen. Er ist in ferne Länder gereist, hat sich mit dutzenden Wissenschaftlern getroffen, um eine neue Erzählung über die Entstehung der Welt zu schreiben. Er hält es für eine zivilisatorische Problematik, dass, wie er sagt, wir in einer Gesellschaft der Paralleluniversen existieren. "Die Naturwissenschaften dominieren uns mit ihrer Technik, während wir in einem zweiten Universum keine Ahnung haben und naturwissenschaftlich Analphabeten sind", sagt Raoul Schrott.

Vom Urknall bis zum menschlichen Leben

Für die naturwissenschaftlich analphabetische Gesellschaft hat Raoul Schrott sein Epos "Erste Erde" geschrieben. "Die Lust beim Schreiben war es, dem roten Faden zu folgen, chronologisch – vom Urknall bis zur Entstehung der Primaten", erzählt Schrott, "aber nur dieses Wissen jetzt lyrisch verblümt darzustellen, das bringt ja auch nichts. Die Frage ist, was machen wir mit diesem Wissen? Und da war es spannend - am schriftstellerischen Unterfangen, sich die verschiedensten Figuren auszudenken, Wissenschaftler, Ärzte, auch Leute wie du und ich, und für die ein jeweiliges Themenfeld zu schaffen, das zu ihrem Leben gehört". Beim Lesen kann man sich mit den erfundenen Weltenerforschern identifizieren und so besser verstehen, was die Naturwissenschaften ganz unmittelbar mit uns zu tun haben und warum sie so faszinierend sind.

Die Grenzen unserer Vernunft

Und Gott. Wo bleibt da Gott? Hat Gott einen Platz im naturwissenschaftlichen Kosmos von Raoul Schrott? Der Autor ist da skeptisch. "Wenn Gott uns also berührt, wenn zu ihm beten hilft, wenn er in unser Leben eingreift, wenn er uns auferstehen läßt, dann bleibt doch die Frage: Wie macht er das?" gibt Raoul Schrott zu bedenken: "Wie materialisiert er sich, wie greift er in unsere Realität ein, von der wir bis in die Elementarteilchen wissen, wie sie konfiguriert ist – und wo es nicht den geringsten Platz für Gott zu geben scheint? Den gibt es letztlich nur vor ca. 13,8 Milliarden Jahren irgendwo vor dem Urknall". Mit Gott Zeit und Raum überspringen, das ist möglich, so unsere Antwort, denn für die Unendlichkeit Gottes ist die Geschichte der Natur aus der Perspektive der Naturwissenschaften auch nur ein Fingerschnips, und doch über alle Maßen beeindruckend, wunderschön, göttlich. Davon erzählt Raoul Schrott in seinem Epos. Im domradio.de Interview streiten wir mit ihm über den Platz, den Gott heute in der Welt hat. "Es gibt nie einen festen Boden unter den Füßen. Das weiß auch jeder Wissenschaftler", sagt der Autor am Ende, "was wir nicht verstehen, was unsere Vernunft überschreitet, das ist nie wegzudenken, wegzureden, wegzuargumentieren."


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