Neuer Stadtführer zeigt Kölns vergessene Bewohner

Auf den Spuren Jüdischer Geschichte

Stolpersteine und Synagogen - Überall in Köln trifft man auf jüdische Geschichte. Seit mehr als 1700 Jahren prägt sie die Domstadt. Wer sich genauer damit befassen will, stand bis jetzt vor einem Problem. Es gab keinen passenden Stadtführer, der sich mit dem Thema befasste, doch ein neues Buch hilft weiter...

 (DR)

In sechs Rundgängen, illustriert mit fast 800 Abbildungen, schildert die Neuerscheinung die jüdischen Lebenswelten verschiedener Perioden. Vier Rundgänge führen durch die Innenstadt und informieren über so unterschiedliche Themen wie das mittelalterliche Viertel am Rathausplatz, das ehemalige orthodoxe Zentrum in der St.-Apern-Straße oder die Bezüge des Doms zum Judentum. Zwei weitere Wanderungen erkunden die jüdischen Spuren in den Stadtvierteln Deutz und Ehrenfeld. Einen Schwerpunkt der Rundgänge bilden die Biografien bedeutender Persönlichkeiten, vor allem aber die Lebensgeschichten "kleiner Leute’.



Der Stadtführer streift alle Epochen des wechselvollen jüdischen Lebens in Köln - Phasen der Anerkennung und der Diskriminierung, der Integration und der Ausgrenzung bis zur Vertreibung und Ermordung fast der gesamten jüdischen Bevölkerung während des nationalsozialistischen Regimes. An vielen Orten bei den verschiedenen Rundgängen erinnert die Publikation an diese Verfolgung während der NS-Zeit.



Jüdisches Leben heute



Darüber hinaus befasst sich der Stadtführer mit der Entwicklung seit der Wiedergründung der Kölner jüdischen Gemeinde im Jahr 1945. Er gibt einen Einblick in das gegenwärtige jüdische Leben Kölns und die Einrichtungen der Synagogen-Gemeinde, mit ihren fast 5.000 Mitgliedern die viertgrößte in der Bundesrepublik.



Die weitaus meisten der für die jüdische Geschichte wichtigen Gebäude existieren nicht mehr. In den Rundgängen geht es daher oft um Verschwundenes, nicht mehr Sichtbares, das nur Berichte und historische Abbildungen belegen können. Dennoch lassen sich an zahlreichen Orten Hinweise auf jüdische Geschichte entdecken: einzelne Originalbauten oder ihre Überreste, Gedenktafeln und viele Stolpersteine.





Autorin suchte viele neue Dokumente



Die Autorin Barbara Becker-Jákli ist seit vielen Jahren als Historikerin im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln tätig und befasst sich hier speziell mit der Geschichte der jüdischen Bevölkerung.

Das NS-Dokumentationszentrum besitzt ein umfangreiches Archiv von Berichten, Fotografien und Dokumenten zur jüdischen Geschichte Kölns. Es wurde im Wesentlichen mit Hilfe ehemaliger Kölnerinnen und Kölnern und ihrer Familien in aller Welt aufgebaut. Dank dieser über Jahre hinweg gesammelten Informationen und aktuellen Recherchen im In- und Ausland kann das Buch wichtige Erkenntnisse und viele bisher unveröffentlichte Abbildungen präsentieren.



Ein spezieller Teil der Publikation gibt einen Überblick über die Kölner Einrichtungen, die sich mit jüdischen Belangen befassen. Hier finden sich Informationen zu den Angeboten der Synagogen-Gemeinde und der Jüdischen Liberalen Gemeinde, zu Archiven, Bibliotheken und Museen, zu Gedenkorten und Begegnungsstätten sowie zu kulturellen Programmen und Projekten. Auch auf die Möglichkeiten, in Köln koschere Lebensmittel zu kaufen, weist der Führer hin.





Barbara Becker-Jákli: Das jüdische Köln. Geschichte und Gegenwart. Ein Stadtführer. Emons-Verlag, ISBN 978-3-89705-873-6. 16,95 Euro.