Aber diese Höllenfahrt hat nichts visionär Apokalyptisches oder den Leser bedrohendes. Die Höllenfahrt ist ein sehr reales Abenteuer mit komischen Wendungen. Am Ende wird Joel Spazierer Professor für wissenschaftlichen Atheismus in der DDR. Im domradio.de Interview erklärt Michael Köhlmeier, was das für eine Moral ist, die seinen Helden bestimmt: „Ich beschreibe einen Menschen, der vormenschlich lebt, für den unsere herkömmliche Moral keine Rolle spielt, weil er die Zuneigung der Mitmenschen nicht benötigt. Die Abgeschiedenheit ist seine Bestimmung.“
Joel Spazierer wächst im stalinistischen Ungarn auf. Als seine Großeltern, bei denen er wohnt, von der Straße weg verhaftet werden, verbringt das vierjährige Kind fünf Tage ganz allein in der Wohnung. In diesen Tagen erkennt der Junge, dass er auch alleine überleben kann und dass andere Menschen für sein Leben keine ihn berührende und bestimmende Rolle spielen. „Ich bin ein Tier in Menschenhaut gefangen, bald werde ich erlöst“, sagt er von sich selbst.
Das Monströse des Joel Spazierers speist sich aus den gleichen Quellen, die auch einen Heiligen zu einem übermenschlichen Mischwesen machen. Auch hier spielt die Abgeschiedenheit als Bestimmung eine große Rolle. Und am Ende seines Romans zitiert Köhlmeier den Mystiker Meister Eckhart, den sein Romanheld für sich entdeckt: „So finde ich nichts anderes, als das lautere Abgeschiedenheit alles übertreffe, denn alle Tugenden haben irgendein Absehen auf die Kreatur, während Abgeschiedenheit losgelöst von aller Kreatur ist.“