Julia Trompeter über ihren Roman 'Frühling in Utrecht'

Freiheit aushalten – wie geht das?

Frühling. Eine Liebe in Utrecht. Klara und Thijs verlieben sich. Doch dann wird Klara von den Gespenstern der Vergangenheit eingeholt. Julia Trompeter erzählt in 'Frühling in Utrecht' von der Befreiung aus einer Lebenskrise.

Julia Trompeter / © © Bogenberger/autorenfotos.com (Schöffling)
Julia Trompeter / © © Bogenberger/autorenfotos.com ( Schöffling )

"Klara ist Mitte dreißig. Sie hat viel studiert, Psychologie, Soziologie und ein bisschen Germanistik. Sie ist aus einem westfälischen Dorf nach Berlin gegangen, um dort mit einem wesentlich älteren Liebhaber, der ihr Freund wird, eine Kneipe zu betreiben. Dieses Lebenskonstrukt scheitert", so beschreibt Julia Trompeter die Ausgangssituation ihrer Romanheldin in 'Frühling in Utrecht'. Klara lässt ein Leben hinter sich. Den älteren Freund Hauke, die gemeinsam betriebene Kneipe. Die Liebe ist schal geworden, das Leben leer. Klara fühlt sich einsam und ungeborgen. Eine Lebenskrise, die für viele Menschen in Berlin typisch ist, sagt die Autorin Julia Trompeter. Im Roman erlebt Klara das so: 'Die Berliner Freiheit auszuhalten, das war gar nicht einfach gewesen. Ja, bisweilen war sie mir gar unerträglich erschienen, diese Ungebundenheit, das Flatternde, Junge, all das Kreative, das manchmal eine furchtbare Lähmung erzeugen konnte'.

Freiheit als Überforderung

'Freiheit aushalten' ist eine der großen Herausforderungen, denen sich die Romanheldin Klara stellen muss. Ein Lebensgefühl, das Julia Trompeter aus vielen Gesprächen mit ihrer Generation kennt: "Das beginnt doch schon mit der Berufswahl der Abiturienten, die vor dem großen Panoptikum stehen und sich entscheiden müssen, was will ich denn werden?, und damit überfordert sind", sagt die Autorin. "Dann gibt es ungezählte Partnerschaftsbörsen, wo man sich frei, nach marktwirtschaftlichen Kriterien, aussuchen kann, mit wem man da zusammenleben möchte. Diese Freiheit, wenn es darum geht, das persönliche Leben zu gestalten, ist eine totale Überforderung". Wenn das Angebot unerschöpflich sei und es keine Rahmenbedingungen und keine Begrenzungen gebe, das persönliche Leben zu gestalten, werde es immer schwieriger, sich festzulegen, sagt Trompeter.

Die Ich-Erzählerin Klara läßt ihr Berlin-Leben hinter sich. Sie flieht Hals über Kopf nach Holland – nach Utrecht. "Sie hat gemerkt, dass die Beziehung an ein Ende gekommen ist. Das weiß sie eigentlich schon länger, konnte aber keine Konsequenzen daraus ziehen und bricht dann in einer Nacht- und Nebelaktion auf. So als müsse sie sich selbst dazu überrumpeln", beschreibt die Autorin die Flucht ihrer Heldin.

Sehnsucht nach Geborgenheit

In Utrecht lernt Klara den viel jüngeren Theologiestudenten Thijs kennen. Für sie ein Traummann, der in sich selbst ruht, der für eine Einheit steht, die sie in ihrer Einsamkeit so sehr vermisst. "Thijs kann mit einer relativen Ungebrochenheit über seinen Glauben, über die Dinge, die er sich wünscht, sprechen. Er erzählt ihr auch viel von seinem Studium, von den Inhalten, die ihn beschäftigen. Er kann sich mit einer großen Ungebrochenheit auf das beziehen, was ihn beschäftigt und was er lebt. Das ist etwas, was Klara beneidet". Thijs und Klara erleben einen wunderbaren Frühling in Utrecht, eine zarte Liebesgeschichte beginnt – unterstützt vom Flair einer malerischen holländischen Stadt. Eine Kulisse, die die Autorin federleicht in Szene setzt und die für eine Liebesgeschichte wie gemalt zu sein scheint. Doch dann tauchen die Gespenster der Vergangenheit auf. Klara hat mit ihrem Leben in Berlin und ihrer Beziehung dort nicht abgeschlossen. Sie ist nicht frei. "Klara ist mit der Situation völlig überfordert", erzählt Julia Trompeter, "sie hat diese ständigen Erinnerungsschübe, die von außen einfach kommen und sie überschwemmen".

Wege aus der Lebenskrise

Julia Trompeter hat einen klugen Roman über die Herausforderungen der Freiheit geschrieben, auch einen Roman über einen schillernden, bunten Frühling in Utrecht. Sie erzählt die Geschichte einer Befreiung. Manchmal muss man zuerst sprichwörtlich auf die Nase fallen, um sich selbst zu erkennen und selbstbewusster und geborgener wieder aufstehen zu können. Das tut Klara in dem Roman. Wie das genau passiert? Das verrät die Autorin im DOMRADIO.DE Interview natürlich nicht, vielleicht nur so viel: "Es sind selten andere, die uns aus der Misere helfen, sondern der Mensch muss doch auch eine gewisse Stärke und Kraft aus sich selber schöpfen können, um glücklich zu werden".

Terminhinweis: Julia Trompeter liest am 14.02. um 19 Uhr 30 im Kölner Literaturhaus aus 'Frühling in Utrecht'


Quelle:
DR