Julia Franck über den Sinn des Lebens, die Liebe und den Tod

"Rücken an Rücken"

"Ich empfinde es als etwas Mangelhaftes in mir, nicht zu glauben. Der Glauben scheint mir aber nicht einfach zu erlernen - wie zum Beispiel Mathematik." Bis zu ihrem achten Lebensjahr wuchs Julia Franck in Ost-Berlin, in einer vom atheistischen Sozialismus geprägten Welt auf. Schon ihre Mutter sei atheistisch sozialisiert, habe aber eine "wahnsinnige Sehnsucht gehabt zu glauben."

 (DR)

Im Gegensatz zu ihrem Onkel Gottlieb Friedrich Franck habe ihre Mutter aber kein spirituelles Talent gehabt. Onkel und Mutter von Julia Franck sind Vorbilder für die beiden Geschwister Ella und Thomas in ihrem soeben erschienenen Roman "Rücken an Rücken." Darin erzählt die Autorin, wie die beiden Geschwister bei der alleinerziehenden Mutter Käthe aufwachsen. Die Bildhauerin Käthe lebt und kämpft leidenschaftlich für den Aufbau der DDR. Um ihre Kinder kümmert sie sich kaum. Ella wird vom Freund der Mutter missbraucht. Thomas wird gedemütigt, indem er stundelang nackt Modell stehen muss. Nur zusammen können die beiden Geschwister die Übergriffe überleben. In der Pubertät zeigt sich aber, dass die beiden ganz unterschiedlich mit den privaten und politischen Zumutungen ihrer Umwelt umgehen. Ella entwickelt eine Wut gegen die Umstände, die sie wehrhaft und stark macht. Der sensiblere Thomas sucht nach einem Sinn hinter den Dingen und findet diesen Sinn in der Liebe. Mit 18 Jahren nimmt er sich das Leben. Im domradio Autoreninterview spricht Julia Franck über Leben, Liebe und Tod. Sie fragt sich, kann ein Selbstmord die kleinere Sünde sein, wenn ein Weiterleben in der Welt der Kompromisse, die einen zermalmen, als untragbare viel größere Sünde erscheint?    



Buchinformation

Julia Franck / Rücken an Rücken / S. Fischer Verlag / 380 Seiten / 19 Euro 95